Information, Wissen, Kunst

Geht es mir um Kunst, schreibe ich Gedichte. Alles andere ist für mich a) Mnemotechnik und b) Teilhabe an öffentlichen Diskursen.

Heftklammern: zwei von vier Größen, die ich nutze.

Damit meine ich vor allem auch: ich will im eigenen Tun unterscheiden können, was ich der Kunst widme und was anderen Aufgaben dient. Das war in der Glosse „Felder und Knoten“ so zu notieren: „Ich sehe mich dabei nicht auf dieses schlampige ‚Beuyseln‘ angewiesen, um zu erbitten, man möge meine Auffassung als ‚erweiterten Kunstbegriff‘ verstehen. Die ‚Soziale Plastik‘ als Kunstkategorie, ’soziale Kunst‘ als Genre, das ist für mich Museumskram der Abteilung Postmoderne. Und zwar vor dem Hintergrund, daß ich der Idee einer ‚engagierten Kunst‘ mißtraue. Ich bin als Künstler sowieso auch Mitmensch und Staatsbürger…“ [Quelle]

Damit ich Texte in den Raum holen kann: Klemmbretter.

In meiner Gegend konnte ich die letzten 40 Jahre so manchen schlampigen Beuys-Ministranten erleben, der mit jenen Begriffen und geborgten Inhalten die pure Selbstinszenierung bemäntelt hat. Das finde ich provinziell! Ich stehe im Lager derer, die jede Befrachtung der Kunst mit anderen Agenda als denen der Kunst ablehnen.

Was ich als Autor mache, ist (da ein Schreiben von Lyrik kein Arbeitsjahr füllt) sehr wesentlich Wissenserwerb und schließlich die erwähnte Teilhabe an öffentlichen Diskursen, weil ich mich als politisch anwesenden Menschen verstehe. Öffentlichkeit, öffentlicher Raum und öffentliche Diskurse halte ich für fundamentale Elemente einer Demokratie.

In diesem Zusammenhang sehe ich die Republik (Res publica!) als das politische Haus, in dem die Demokratie wohnt. Daher dient mir der Wissenserwerb als Ressource für meine politische Anwesenheit, liefert aber auch zugleich das, was meine Gedichte unter der Oberfläche ausmacht.

Gemäß der Eisberg-Metapher: Damit ein Gedicht etwas taugt, muß es in der Tiefe fundiert sein. Ich weiß immer sehr viel mehr als das, was in einem Gedicht erzählt wird. Davon handelt meine Arbeit als Autor.

Neben meinen Büchern sind Journale und einzelne Texte unverzichtbar.

All das mündet wiederkehrend in eine Papierfresserei, die sich in einer Staubwolke ereignet. Weil sich in meinen Räumen Papier anhäuft, auftürmt. Ich lese längere Texte nicht am Bildschirm. Ich brauche sie auf Papier ausgedruckt, körperlich. So kann ich Texte als Gegenstände handhaben. Deshalb gibt es in meinem Heim unzählige Klemmbretter. Damit kann ich Texte schlichten, sortieren, kann Markierungen anbringen, Unterstreichungen, Notizen.

Es ist ein physisches Strukturieren von Informationen. Es genügt mich keinesfalls, Gefühltes zu kennen, um zu schreiben. Ohne Kenntnisse und Diskurs hielte ich derlei für bloße Plauderei, die mich langweilt.

Text ist pure Abstraktion. Via Papier (und Klemmbretter) hole ich Texte in den realen Raum und interagiere mit ihnen. Dann kommen aber Tage, da muß entschieden werden, welche Prints zum Altpapier gehören, um meinen Kopf, meine Wohnung und meine Klemmbretter frei zu machen. Zu dem Zeitpunkt habe ich längst entschieden, was ich an Informationen nützlich fand, um daraus Wissen zu erarbeiten. Zeit, neue Felder zu betreten!

+) Ein Feuilleton (Kunst etc.)

Über der krusche

jahrgang 56, freischaffend
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