Was die Kulturarbeit von Kunst Ost angeht, haben wir uns gegen ein Gießkannenprinzip engagiert, ein Verteilen von öffentlichen Geldern nach dem Motto „Für alle ein bißl was“. Das hat, wie sich inzwischen zeigt, auch für einige Irritationen an der Basis gesorgt.
Ich bin der Ansicht, daß regionale Kommunen mit begrenzten Kulturbudgets keinesfalls generell in Kunstproduktion investieren sollten. Hier wäre es bestenfalls wünschenswert, daß mit einiger ästhetischer Erfahrung immer wieder Ankäufe getätigt werden, um etwa öffentlich Gebäude oder öffentliche Räume auch zu einem Ausdruck regionaler Kreativität werden zu lassen.
Ich halte es für vorrangig, daß öffentliche Gelder für die Verbesserung von Rahmenbedingungen Kunst- und Kulturschaffender verwendet werden, um deren Eigenengagement zu verstärken und zu begleiten.
Das bedeutet auch, inhaltlich mehr Verantwortung bei den primären Kräften zu belassen, also bei Kunst- und Kulturschaffenden. Damit stärken wir jene Möglichkeiten zur Autonomie, die der Kunst zustehen. Das ist aber klarerweise kein attraktives Angebot für Bastler und Produzentinnen von Dekorationsgegenständen.
Ich möchte die regionale Kunst- und Kulturpraxis sehr wesentlich einem anspruchsvollen geistigen Leben verpflichtet sehen und nicht primär der sozialen Repräsentation.
Wer ausschließlich sein eigenes Werk ermöglicht und promotet sehen möchte, sollte sich um Einreichungen bei entsprechenden Programmen bemühen, sich um Stipendien und Preise bewerben.
Gut denkbar, daß auch eine der regionalen Kommunen einen sinnvollen Anlaß findet, Stipendien oder Preise für Kunstschaffende auszuschreiben. Dieser Modus wäre ebenfalls eine Absage an die Gießkanne.
Kurioserweise sind die stärksten Einwände, die ich bisher gehört habe, mit der „Freiheit der Kunst“ begründet. Darin läge eine interessante Debatte, wenn sich allerdings nicht feststellen ließe, daß wir einen Kunstdiskurs, aus dem heraus solche Einwände formuliert werden können, gar nicht haben.
Wo also die „Freiheit der Kunst“ zu einem Mäntelchen verkommt, das simple Partikularinteressen einzelner Leute verbergen soll, besteht Klärungsbedarf.
Wir wissen, daß kommunale Budgets derzeit weitgehend völlig ausgelastet sind. Wollen wir also Spielraum gewinnen, müssen wir außerhalb der Kommunen zusätzliche Mittel akquirieren.
Das fordert erheblichen Arbeitseinsatz und Zeitaufwand, denn so manche meiner Kolleginnen und Kollegen keinesfalls einbringen möchten, dafür erheblichen Unmut zeigen, wenn sie an errungenen Budgets nicht teilhaben können.
Diese widerliche und ganz erhebliche Heuchelei ist in unserem Milieu gar nicht so selten. Eine andere Spielart solcher Leichtlebigkeit zeigt sich gelegentlich darin, daß jemand Budgetteile zwar nimmt und nützt, aber nicht einmal daran denkt, getroffene Vereinbarungen zu bedienen.
Derlei ist zwar kurzzeitig sehr ärgerlich, erledigt sich aber schnell im Schritt zu neuen Förderperioden und Programmen. Da trennt sich dann Spreu vom Weizen. Wer Verträge bloß als einseitige Verpflichtung seines Gegenübers wertet, wird eben in weiteren Abschnitten nicht mehr dabei sein.
So gesehen verfolge ich den derzeitigen Lauf der Dinge mit großer Neugier. (Fußnötchen: „Autonomie“ bedeutet „sich selbst die Regeln geben“.)
— [Generaldokumentation] —