Das Ende des fünfjährigen kulturpolitischen Experiments „kunst ost“ im Rahmen des EU-Programmes LEADER hat zum „Kulturpakt Gleisdorf“ geführt. So wurde nun eine Weggabelung markiert. Kunst Ost wird als Kulturlabor weitergeführt und hat neue Aufgaben übernommen. Der „Kulturpakt Gleisdorf“ geht nach seiner Erprobung im Jahr 2013 in eine eigenständige Praxisphase.
Der Modus ist klar und einfach: Auf der Basis regelmäßiger und öffentlich zugänglicher Arbeitstreffen verständigen sich Kunst- und Kulturschaffende zu gemeinsamen Vorhaben. Kommune und Region unterstützen das.
Alles beginnt an der Basis. Man muß selbst etwas vorhaben und man muß das kommunizieren. Ab da ergeben sich Kooperations- und Synergiemöglichkeiten, die auch von der Stadt Gleisdorf und vom Regionalverband unterstützt werden.
Das bedeutet, die Gemeinde oder die Region treten nicht als veranstaltende Instanzen auf, sondern als mögliche Kooperationspartnerinnen.
Es hat sich gezeigt, daß diese Modus für viele noch gewöhnungsbedürftig ist, da „alter Brauch“ zwar Unmut erregte, wo sich jemand zur Bittstellerei genötigt fühlte, doch zugleich erlaubte, daß man sich nur für die eigenen Interessen zuständig fühlte.
Der Kulturpakt bietet einen Modus an, in dem man mehr Eigenverantwortung übernehmen muß, dafür in einem wesentlich größer angelegten Kräftespiel handeln kann. Dieser Modus entspricht und entspringt dem „Bottom up-Prinzip“, daß also die Kulturprojekte von der Basis der Bürgerinnen und Bürger her entstehen.
Die noble Pose des Künstlers, der geltend macht, er könne sich nur um seine Kunst scheren, um nichts sonst, ist beeindruckend, aber in diesem Kontext aussichtslos; außer man findet jemanden, der für einen die anderen Anteile der nötigen Arbeit erledigt.
Dieser Weg hat in Gleisdorf übrigens ein interessante Vorgeschichte. In der zweiten Hälfte der 1980er-Jahre formierte sich von der Basis her ein „Gleisdorfer Kulturbeirat“. Die Gemeinde verzichtete im Lauf dieses Prozesses sogar einige Jahre auf ein politisch besetztes Kulturreferat.
Statt dessen gab es in Folge einige Kulturmanager, die selbst aus dem Milieu Kunst- und Kulturschaffender stammten. Dieses Experiment lief mehrere Jahre, bis es im Finanzaufwand eine Dimension erreichte, die im Rathaus keine politische Zustimmung mehr fand.
Nun also dieses neue kulturpolitische Modell, das im Kern so funktioniert: Katharina Scheidl vom Gleisdorfer Kulturbüro verwaltet einen Email-Verteiler, über den alle relevanten Informationen verbreitet werden.
Die wichtigsten Schritte sind jene frei zugänglichen Arbeitsgespräche, bei denen man jeweils die Aktiven treffen und sich über aktuelle Vorhaben informieren kann, wo es einem auch freisteht, eigene Ideen einzubringen.
Besonderes Detail: Hier wird nicht anderen zugerufen, was sie tun sollen, hier lädt man andere ein, sich dem eigenen Tun anzuschließen.
— [Kulturpakt Gleisdorf] [Generaldokumentation] [Katharina Scheidl] —