Irina Karamarkovic ist eine Sängerin, die wir schon bei einigen unserer Projekte zu Gast hatten. Ursprünglich Im Jazz zuhause, hat sie sich längst auch andere Genres erarbeitet. Karamarkovic ist aber ebenso Autorin und hat Erfahrungen in der Kulturarbeit gesammelt.
Das sind Zutaten, die sie für uns als Bezugsperson in jener Kulturarbeit auf der Höhe der Zeit wichtig machen, mit der wir uns dieses Europa im Umbruch erschließen. Während im wohlhabenden Österreich viele noch an der Vorstellung hängen, es möge sich bitte nichts ändern, haben sich für uns längst neue Aufgabenstellungen ergeben.
Dazu sollte bereichsübergreifend gedacht werden, dazu sollte konsequente Reflexionsarbeit möglich sein. Dazu müssen gelegentlich komplexe Schlüsse gezogen werden, um eine Kulturarbeit zu praktizieren, die sich nicht in alten Mustern totläuft.
Für diese Zusammenhänge hat Karamarkovic auch Kompetenzen parat, die uns bisher ersprat blieben. Sie stammt aus dem Kosovo, wo sie das völlige Auseinanderbrechen einer Gesellschaft miterlebt hat. (Ich denke, es war der Publizist Norbert Mappes-Niediek, der einmal konstatiert hat, dieses Europa sei so arrogant, daß es nicht begreife, wie jugoslawisch seine Problemen sind.)
Nun hat Irinna Karamarkovic ihre Dissertation vorgelegt. Der Titel läßt erahnen, wie sehr die Sängerin hier auch in kulturpolitischen Dimensionen denkt: „Die Präsenz der Musik aus Südosteuropa in der Jazzszene Österreichs – soziokulturelle, politische, wirtschaftliche und musikalische Aspekte.“
Diese Arbeit verweist auf einen langjährigen Prozeß, den ich auf sehr praktischer Ebene miterlebt habe. In den späten 1970er- und den 1980er-Jahren hat sich in unzähligen Grazer Cafés, Clubs, Kellern, in Extrazimmern und in manchen Sälen das herauskristallisiert, was wir heute als „autonome Initiativenszene“ kennen.
Dabei waren die verschiedenen Genres stets verknüpft; im Live-Betrieb vor allem Musik, Literatur und Kabarett. Hervorragende Jazz-Musiker aus dem damaligen Jugoslawien, die in Graz studierten, gehörten fix zu diesem Milieu und verdienten sich ihr Brot natürlich auch in anderen Musikbereichen.
Karamarkovic zu den Intentionen ihrer Arbeit: „Mit dieser Arbeit wird beabsichtigt, das Leben und Schaffen der MusikerInnen aus Südosteuropa (sowie auch der österreichischen und in Österreich wohnhaften MusikerInnen, die sich in ihren Werken thematisch mit Südosteuropa beschäftigen) und deren Einflüsse auf die Jazzlandschaft Österreichs in den letzten fünfzehn Jahren zu erforschen und aufzuzeichnen.“
Wir haben es mehr als nötig, unser Tun im Rahmen jenes Kulturbetriebes der letzten 30 Jahre zu reflektieren, um daraus Schlüsse zu ziehen…
+) Irina Karamarkovic [home]