Von Monika Lafer
Der zeit.raum, den es seit 2021 als autonomes Kunstprojekt gibt, wurde 2023 als Schnittstelle zwischen Kommune, autonomer Kunstarbeit und Wirtschaft definiert.
Anlass war der von Kulturreferent Karl Bauer konzipierte Kunsttrail Region Gleisdorf. Als Konvergenzzone (Martin Krusche) treffen hier Ideen und Vorhaben aufeinander und finden ihren Ausdruck – wie etwa die Verzweigung zum Amselsturm (die von Eva Surma kuratierte feministische Ausstellung in Großklein), um nur ein Beispiel zu nennen.
Doch ist es auch wichtig, Kunstschaffende aus unserer unmittelbaren Nähe zu zeigen. Vor allem, wenn wir auf ihren Vorleistungen aufbauen.
Ein wenig beachteter Künstler war Camillo Kurtz (1896-1973), zumal ihm sämtliche Vermarktungsstrategien zuwider waren. Zwar war er verständlicherweise verstimmt, wenn er erfolglos beim Verkauf seiner Bilder war, doch im Grunde war ihm das Klinkenputzen ein Graus.
In der Region kannte man ihn als Einzelgänger mit Großfamilie, er war oft monatelange wandernd und malend quer durch Europa unterwegs. Seine Frau Sophie musste unterdessen zuhause in Gleisdorf schauen, wie sie mit dem kargen Haushaltsgeld und sieben Kindern um die Runden kam.
Uniformen oder die weit verbreitete deutsch-nationale Gesinnung verabscheute Camillo Kurtz zutiefst, wie man in seinen Tagebüchern liest. Er hatte in beiden Weltkriegen als Soldat gedient. In den Ersten Weltkrieg rückte er freiwillig ein und landete an der Front im Gebirge bei Rovereto am Gardasee, er kam traumatisiert zurück. Im Zweiten Weltkrieg wurde er als Grenzsoldat eingesetzt.
Menschen, die ihn persönlich gekannt hatten, erinnerten sich an einen liebevollen Großvater, der mit seinen Enkelkindern am Rabnitzufer am Lagerfeuer saß und Geschichten erzählte.
Camillo Kurtz galt als introvertierter, freundlicher Mensch und war vor allem für seine Stillleben und Aquarelle (Nass-in-Nass-Technik) bekannt. Mitunter hört man über sein Werk: „Naja, sooo bedeutend war er nicht!“, begleitet von einem säuerlichen Gesichtsausdruck.
Wenn man dann aber sein Gesamtwerk (das wir aufgrund der Vielzahl an weit verstreuten Werken niemals als vollständig bekannt bezeichnen können) betrachtet, stellen viele Menschen fest, dass es sich um qualitätsvolle Arbeiten handelt und nicht bloße Cezanne-Abklatsche.
Kaum jemand weiß, dass Kurtz neben seiner deutschen Muttersprache Englisch, Französisch, Spanisch und Italienisch fließend beherrschte. Er kann als umfassend gebildeter Künstler verstanden werden, der sich mit seiner Zeit auseinandersetzte.
Seine wirtschaftliche Misere ließ ihn zusätzlich mit dem plötzlich viel (monetär) erfolgreicheren Neuen in der Kunst hadern. Er fühlte sich der gegenständlichen Kunst verpflichtet und fand keinen Weg, diese markttauglich zu präsentieren.
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