Weshalb ein Round Table zum Thema Kunst sowie mein Beharren darauf, daß wir im Rahmen von Wissens- und Kulturarbeit einen Kunstdiskurs führen sollen?
Weil wir im Archipel, einem Forum für Kunst und Kultur, sonst eher orientierungslos herumgeistern würden. Einen beliebigen Kultur-Aktionismus hielte ich für die Vergeudung von Ressourcen. Daher möchte ich stets neu geklärt sehen, wovon wir reden, wenn wir die Fahne der Kunst schwingen.
Wir haben alle die Freiheit, uns auf zwei grundlegende verschiedenen Wegen der Kunst zuzuwenden. Über sinnliche Wahrnehmung (Aisthesis) und über Diskurs (Regeln der Kunst). Es steht uns allen dabei frei, beide Möglichkeiten zu kombinieren oder eine davon eher zurückzustufen.
Die sinnliche Wahrnehmung ist immer der Ausgangspunkt. Ob jemand dann auf mehr als zweitausend Jahre überlieferten Kunstdiskurs eingehen mag, bleibt offen. Aber niemand ist ohne Annahmen über dieses Thema. Ich bin überzeugt, daß ausnahmslos jeder Mensch kulturelle und spirituelle Bedürfnisse hat. Das manifestiert sich dann gemäß der jeweiligen Lebensbedingungen, Erfahrungen und Vorlieben.
Ich werde für den kommenden Round Table „Wann ist Kunst?“ (Zum Stand des Diskurses) einen Ausgangspunkt skizzieren, bei dem die Debatte beginnen möge. Diese Session ist übrigens eine konzentrierte Arbeitseinheit, keine öffentliche Veranstaltung.
Den Schritt Richtung Publikum wird in der Folge Gleisdorfs Kulturreferent Karl Bauer entwerfen und umsetzen. Das hat zwei wichtige Aspekte. Erstens ist diese Session ein Ereignis im Rahmen unserer Konvergenzzone, die genau solche Zwecke hat: Akteurinnen und Akteure ganz verschiedener Formationen gehen auf einander zu.
Zweitens ist es ein Akzent im Rahmen des von Bauer initiierten Kunsttrail Region Gleisdorf. Wir bemühen uns darum, Aktion und Reflexion beieinander zu halten. Dazu kommt, daß Archipel-Obfrau Monika Lafer nicht nur Malerin, sondern auch Kunsthistorikerin ist. Sie wird bei diesem Round Table ebenfalls eine klare Position einbringen.
Nun gibt es ja nichts in der Art einer Ordnungseinrichtung wie ein „Internationales Büro für orthodoxe Kunstauffassung“. Kunstbegriffe werden höchst unterschiedlich definiert, gewichtet, und können einander auch widersprechen. Eine Besonderheit des Themas bleibt: man generiert keine „Wahrheiten“, indem man Widersprüche eliminiert.
Mein Kunstbegriff ergab sich aus einem Interesse für die Russische Avantgarde, von der aus ich über den Dadaismus zur Popkultur kam. Ich bevorzuge ein dynamisches Konzept, wonach Artefakte und Prozesse valorisiert und trivialisiert werden können. Und zwar mehrfach hintereinander. Das Aufwerten und das Trivialisieren kann sich abwechseln. Ich sehe mich da im Lager von Nelson Goodman und Boris Groys.
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