Episode XXXIX: Zum 8. Mai I

Gedenken? Das ist nicht meine Sache. Rituale? Ich nehme zur Kenntnis, daß Menschen Rituale brauchen, um etwa ein Wir zu stabilisieren, Gemeinschaft zu untermauern.

Mahnung? Orte als Denkanstöße!

Gedenken? Das ist nicht meine Sache. Rituale? Ich nehme zur Kenntnis, daß Menschen Rituale brauchen, um etwa ein Wir zu stabilisieren, Gemeinschaft zu untermauern.

Für mich ist der 8. Mai eine Markierung, auf die ich mich aus dem Lauf des Jahres heraus beziehe. Das kommt, weil die Konsequenzen der Nazi-Ära mit meiner Biografie verwoben sind. Einiges davon habe ich im Erwerb von Geschichtskenntnis sortieren können.

Anderes mußte ich über Debatten regeln. Etliches war als interne Angelegenheit zu bearbeiten, um sich über meiner Auffassung zu manifestieren. Das läßt sich so zusammenfassen: Ich bin ein Mann der Republik. Die Republik ist das politische Haus, in dem die Demokratie wohnt. Dieses Haus ist bedroht.

Meine Einstellung äußert sich in einem klaren Verhältnis zur Gewalt. Das heißt in meinem Fall aber nicht Pazifismus, sondern Wehrhaftigkeit. Außerdem mißbillige ich den Mangel an intellektueller Selbstachtung mancher Menschen. Das hat praktische Konsequenzen in meiner Arbeit, in meinem Alltag.

Im 20. Jahrhundert waren viele ideologisch begründete Massaker, also ethnisch, rassistisch und/oder nationalistisch ausgerufene Mordaktionen, durch einem Krieg der Worte vorbereitet worden. Was hinterher an Ausflüchten laut wurde, ist gleichermaßem aus korrumpierten Begriffen gestrickt worden.

Deshalb interessieren mich diese sprachgestützten Strategien besonders: korrumpierte Begriffe und mit welchen Mitteln sie gegen die Überprüfung ihrer Inhalte abgeschottet werden. Das führt unausweichlich zu den politischen Diskursen der Gegenwart.

Die müssen in jedem gesellschaftlichen Themenbereich daraufhin untersucht werden, ob sich da jemand um das Korrumpieren von Begriffen bemüht, damit sich mit verdeckten Intentionen besser arbeiten läßt. Das, zum Beispiel, bedeutet der 8. Mai für mich.

Ich hoffe, es wird verstanden, daß ich hier kein Entweder/Oder verhandle. Ich will bloß das Ritual des Erinnerns in die laufenden Achtsamkeit bezüglich unserer öffentlichen Diskurse eingebettet sehen, weil sonst das Ritual zu leicht Routine wird. [Fortsetzung]

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Über der krusche

jahrgang 56, freischaffend
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