Routen 280, Florianiplatz: Verkehr I

Egal, was Sie an Grafiken, Gemälden oder Fotografien von diesem Platz im Stadtzentrum Gleisdorfs aus der Zeit bis zum Zweiten Weltkrieg finden, das „Platzhafte“ war da noch offensichtlich.

Max Reder mit einem High Wheeler (Hochrad), dahinter ein Safety (Niederrad).

Die Volksmotorisierung Österreichs mit Automobilen begann überhaupt erst in der zweiten Hälfte der 1950er Jahre. Davor war der Kraftfahrzeugverkehr sehr gering. Es befanden sich vergleichsweise wenig Automobile in Privatbesitz, die meisten waren Firmen- oder Behördenfahrzeuge, dazwischen einige Motorräder.

Auf den verfügbaren Flächen konnte sich daher die unterschiedliche schnelle Verkehrsteilnehmerschaft gut verteilen. Fußvolk, Fuhrwerke, wohl auch schon allerhand Fahrräder und – wie erwähnt – wenige Kraftfahrzeuge. (Ich denke, die Tempo-Differenz ist bis heute ein relevantes Thema.)

Dieses Ochsengespann ist ein Werk des Elin-Arbeiters Albin Schrey. [Schrey-Booklet]

Lange Zeit waren bei uns Ochsengespanne das zentrale Ereignis des Transportwesens. Wer Pferde nutzen konnte, mußte größeren Aufwand bewältigen, weil die Gäule in ihrem Bedarf an Kraftfutter in einer Nahrungskonkurrenz zum Menschen stehen. Da reichte Heu nicht aus, um genügend Zugkraft zu erzeugen.

Gastwirtin Olga Wurm zeigt, wo die Fuhrleute durch die Franz Josef-Straße gekommen sind und bei ihr einkehrten. [GROSSES BILD]

Im 19. Jahrhundert waren erst noch Hochräder üblich. Eine sehr teure Angelegenheit. Anfangs mußte man sogar die Mittel haben, sie für allfällige Reparaturen an den Hersteller zu schicken, was zum Beispiel Betriebe in Frankreich oder Großbritannien waren. Bei den meist schlechten Wegen hatte man auf einem High Whleer eine erhebliche Sturzgefahr.

Das konnte leicht zu Verletzungen führen, kostete auch manchen Bicyclisten das Leben. Ende des 19. Jahrhunderts setze sich dann das sogenannte Niederrad durch, das „Safety“ genannt wurde, Sicherheitsrad. Der Grund dafür ist offensichtlich.

Bernhard Kober auf einem Niederrad (Safety), natürlich ein „Fixie“.

Auf so einer „Fußkutsche“ saß man weit sicherer. Der Diamantrahmen ist sehr verwindungssteif, was beiträgt, die Kraft der Waden optimal zum Hinterrad zu bringen. Dafür waren damals nicht nur Ketten üblich, sondern gelegentlich auch Kardanwellen. (Das waren anfangs alles „Fixies“, Tretkurbel und Hinterrad rotierten synchron. Die Freilaufnabe kam erst später.)

Die High Wheelers und die Safeties blieben auf jeden Fall teure Wertgegenstände, die daher viele Jahrzehnte einer wohlhabenden Schicht vorbehalten blieben. Produzenten wie Johann Puch sorgten dafür, daß sich dieser Umstand zügig veränderte. Die Basis dafür war unter anderem ein Lizenzprodukt von Swift (Coventry, GB), das in Steyr zum „Waffenrad“ wurde. Ein Produktname, der bis heute vielen Menschen geläufig ist und auf unseren Straßen immer noch auftaucht.

Die Ära der prächtigen Vollscheiben-Räder, das Steyr Waffenrad, Puch und Janisch 2013 im Gleisdorfer Museum im Rathaus. (Zum Vergößern anklicken!)

Die Oststeiermark hatte übrigens in Ilz einen Produzenten, von dessen Fahrrädern nur wenige erhalten blieben und als hochkarätige Sammlerstücke gelten: der „Radlmacher Janisch“. Ilz liegt übrigens an der historischen Strata hungarica, jener Route zwischen Graz und Ofen (heute Budapest), an die einige Meilensteine erinnern.

Auch historisch: Piazza oder Restfläche zwischen Straßen?

Sie können es sich leicht ausmalen. Der Florianiplatz für Menschen, Fuhrwerke, einige Fahrräder, ab und zu ein Motorrad oder Auto, zwischendurch ein Postbus, da war genug Raum für die ganz unterschiedlichen Tempi all derer, die vorankommen wollten. Da war auch reichlich Platz zum Verweilen, ohne in Gefahr zu sein, daß einen jemand umfährt.

Wie angedeutet, die Volksmotorisierung über den Privatbesitz leistbarer Kraftfahrzeuge begann bei uns erst gegen Ende der 1950er Jahre und hatte in den 1970ern eine umfassende Breite erreicht. Damals entstand offenbar der Eindruck, ein Auto zu besitzen sei eine Art Menschenrecht, das naturgemäß an ausreichende Verkehrsflächen gebunden wäre.

Wie dem auch sei, heute ist der Florianiplatz von Verkehrsflächen dominiert, hat in seiner Mitte ein Inselchen voller Zierrat, das man zum Verweilen kaum nutzen kann. Ich bin daher äußerst gespannt, welche Planungsvariante da 2025 zur Umsetzung kommen wird. [Fortsetzung]

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