Der 2023er Sommerauftakt gestaltet sich lebhaft. Ich hab kürzlich eine geharnischte Standpauke erhalten, die mit Verve vorgetragen wurde.
Puppenspielerin Elfi Scharf war in Gleisdorfs Innenstadt zielstrebig auf mich zugekommen, um mich zur Rede zu stellen. Meine Scharf-Glosse hatte ihr sehr mißfallen, weshalb sie mir „schon länger etwas sagen wollte“.
Ich publiziere meine Kommentare ja als Beitrag zu öffentlichen Diskursen, also ist es naheliegend, daß jemand antwortet. Was hatte Scharf mir vorzuhalten? Ich fasse es etwas verkürzt zusammen.
1.: Weshalb schreibe ich über sie? 2.: Weshalb unterstelle ich ihr Dinge? 3.: Weshalb mute ich ihr Rufschädigung zu? 3.: Weshalb schreibe ich nicht besser über ihre künstlerische Arbeit? 4.: Habe ich einen Neid auf sie? 5.: Weshalb befasse ich mich mit Angelegenheiten, die mich nichts angehen?
Der Anlaß für den Scharf’schen Unmut ist die Glosse „Elfriede Scharf, politisch“, in der ich zweierlei kommentiere. Scharf meldet a) Vorbehalte gegenüber einer Ächtung des russischen Präsidenten und Kriegsverbrechers Wladimir Putin an, indem sie zum Beispiel Gabriele Genser zitiert, der ostentativ fragt: „Hat Putin recht?“
Scharf greift b) ein Narrativ der FPÖ auf, indem sie Österreichs Präsidenten Alexander Van der Bellen via Meme einen „Totengräber der Neutralität“ nennt und so zu einer „Neutralitäts-Wache“ einlädt.
Daß Scharf selbst sich mit dem Thema Neutralität ausführlicher vertraut gemacht hätte, konnte ich bisher nicht feststellen. Ich meine, da werden Behauptungen aufgestellt, die den eigentlichen Sachverhalt verschleiern.
Den habe ich anläßlich der Postings von Fotografin Bianca Scharler schon detailliert dargelegt. Demnach ist Österreich (seit es jene gesetzliche Verpflichtung gibt) überhaupt nicht gerüstet, diesen eigenen Gesetzen in der Angelegenheit Genüge zu tun. Österreich begnügt sich damit, als sicherheitspolitisches Protektorat der USA und der Nato zu existieren. So ersparen wir uns viel Geld, das wir anders verwenden dürfen, statt umfassender in die eigenen Sicherheitsbelange zu investieren.
Ergo erscheint es mir a) ehrenrührig und b) inhaltlich falsch, den Präsidenten mit dem Etikett „Totengräber“ zu markieren. Lesen Sie bei Bedarf dazu meine genaueren Ausführungen und Gesetzeszitate (auch betreffs der Zusammenhänge mit dem Manöver „Bärentatze“ und mit der Spannocchi-Doktrin) in der Scharler-Glosse: [Link]
Ich wäre für eine fundierte Debatte über Österreichs Neutralität jederzeit zu haben, während ich mich mit Polemik zum Thema nicht weiter befassen kann.
Wenn Scharf fragt…
…antworte ich. Allerdings war sie bei unserer realen Begegnung in der Stadt nicht geneigt, mir zuzuhören. Also mache ich es schriftlich.
1.: Weshalb schreibe ich über sie?
Weil sie mir mit ihren Beiträgen zur Meinungsbildung in öffentlichen Diskursen Anlaß dazu gegeben hat. (Demokratie heißt für mich Antwortvielfalt und ich halte Dissens für anregend.)
2.: Weshalb unterstelle ich ihr Dinge?
Das ist nicht der Fall. Ich zitiere sie und stelle das Vorgefundene in einen aktuellen Kontext. (Ich nehme natürlich gerne eine formelle Stellungnahme entgegen, die allenfalls präzisiert und/oder berichtigt, was ich eventuell unscharf ausgedrückt oder falsch verstanden habe.)
3.: Weshalb mute ich ihr Rufschädigung zu?
Davon kann überhaupt keine Rede sein. So eine kühne Behauptung müßte außerdem belegt werden. Ich lasse mich gerne mit einem Zitat und den Scharf’schen Einwänden belehren. Aber ich muß aber um Genauigkeit bitten, damit ich den Vorwurf verstehe. (Auf das Thema Rufschädigungen werde ich extra noch genauer eingehen.)
3.: Weshalb schreibe ich nicht besser über ihre künstlerische Arbeit?
Weil mich, was die Kunst angeht, derzeit andere Arbeiten viel brennender interessieren und ich zum Thema Kunst für Scharf derzeit auch keine Arbeitszeitressourcen frei hätte.
4.: Habe ich einen Neid auf sie?
Neid worauf? Auf ihr Jahreseinkommen, das meines womöglich nennenswert übersteigt? Auf die Summer ihrer Auftritte bei kleinen und kleinsten Veranstaltungen in der Region, gelegentlich um eine größere Bühne erweitert? Um die laufende Erwähnung ihres Namens in den Programmhinweisen diverser Regionalblätter? Moment! Ich muß kurz nachdenken. […] Nein, reicht nicht, um meinen Neid zu wecken.
5.: Weshalb befasse ich mich mit Angelegenheiten, die mich nichts angehen?
Es geht mich nichts an, was Scharf denkt. Es geht mich nichts an, was sie privat und unter Freunden redet. Ich fühle mich aber von manchem angesprochen, was von ihr via Massenmedien im öffentlichen Diskurs auftaucht.
Oh! Sie wußten nicht, daß Facebook ein Massenmedium ist?
+) Rechtsruck (Übersicht)
Postskripterl
Was haben Fjodor Dostojewski, Emile Zola, Karl Kraus und Robert Menasse gemeinsam? Viele Schriftsteller befassen sich selbstverständlich auch mit den gesellschaftlichen und politischen Zuständen ihrer Zeit, schreiben darüber. Ich hätte angenommen, das sei Kulturschaffenden klar. Ist es offenbar nicht. Nun schreibe ich natürlich nicht in der Liga von Zola oder Kraus. Aber es gibt anscheinend Klärungsbedarf, zu dem ich etwas beitragen kann: „Was tut ein Schriftsteller?„