Der Zeit.Raum in der Bürgergasse ist nach wie vor das einzige autonome Kunstprojekt Gleisdorfs. Da wirken Kunst, Wirtschaft und Wissenschaft zusammen. Derzeit ergibt Joseph Beuys dafür etliche Bezugspunkte. (Die Ausstellung mit Beuys-Werken im MiR läuft noch bis August 2022.)
Die aktuelle Episode im Fenster II ist einer dialogischen Situation mit Graphic Novelist Chris Scheuer gewidmet, der speziell auf eines der Werke in der Beuys-Ausstellung reagiert hat. Sie finden da nun wesentliche Hinweise darauf, daß wir nicht nur in Worten, sondern auch in Bildern denken, rezipieren, reflektieren.
Die meisten von uns sind darauf angewiesen, für ihre Äußerungen all das wiederum in Worte zu übersetzen. Bei Scheuer läuft es anders. Er hat gewissermaßen eine Direktschaltung zur Verfügung, die vom kognitiven Reich der Bildwelten offenbar direkt in die Zeichenhand mündet.
Das ändert nichts am Umstand, in der realen sozialen Begegnung dem Sprechen seinen Raum zu geben, wobei Scheuer zwischendurch eben auch in seinen Notizbücher zeichnet. Und Beuys! Der steht quasi stellvertretend für ein komplexes Gefüge der Veränderungsschübe im 20. Jahrhundert.
Dieser zwiespältige Künstler, der sich selbst so konsequent zu einer Marke gemacht hat, die auf dem Markt reüssieren konnte, ist womöglich vor allem deshalb so wichtig geworden, weil er derart typisch für diese Ära ist.
Ich meine damit: Heraus aus dem Nazi-Faschismus und hinein eine rasende Blüte des Wohlstandsgewinns und der Sicherheit, in der sich auch eine davor nie dagewesene Freiheit des Denkens entfalten und mitteilen durfte.
Das bedeutet unter anderem, was sich hier ereignet, erschöpft sich nicht in einzelnen Werken, sondern zeigt sich auch in Begegnungen und Debatten, in einem laufenden Prozeß. Nicht zu vergessen: erst im 20. Jahrhundert durften auch weiter Bereiche der subalternen Schichten zu einem Kulturgenuß aufbrechen, der aus Eliten-Kreisen nicht mehr als inferior abgetan werden konnte.
+) Chris Scheuer im Zeit.Raum
+) Beuys 101 (Eine Erzählung in Momenten und Episoden)