D:Demo #30, Allianz

Richard Hubmann ist ein Bauer aus der Nähe von Gleisdorf. Ich hab ihm kürzlich geschrieben: „Laß uns einen kleinen Think Tank löten!“ Über den Stand der Dinge nachdenken, etwas Grundlagenarbeit, Optionen klären. Die monatelange Unruhe von Gleisdorf und das Boomen eines zunehmenden Obskurantismus verlangen Antworten.

Bauer Richard Hubmann

Weshalb Hubmann? Ich kenne ihn als jemanden, der in Zeit- und Sozialgeschichte versiert ist, von Ökonomie und Ökologie eine Ahnung hat, vor allem aber aus der alten agrarischen Welt kommt. Er hat einen speziellen Teil der Transformation im 20. Jahrhundert erlebt, den ich als Stadtkind bloß aus der Literatur kenne.

Diese steile Aufwärtskurve in der Produktivität durch die Mechanisierung der Landwirtschaft, neue Düngemittel etc. handelt von Kräften einer enormen sozialen Veränderung, in der unsere Identitäten erschüttert wurden.

Hubmann hat daher auch eine sehr differenzierte Anschauung, wie diese Modernisierungsprozesse sich mit einer teilweisen Industrialisierung der Region verbanden. Sein Wissensdurst brachte ihn mit Aspekten des urbanen Lebens in Berührung, was beitrug, den Raum Gleisdorf, den Bezirk Weiz und die Oststeiermark zu verwandeln.

Irritationen
Da wir nun erleben, daß allerhand Leute Woche für Woche lärmend durch die Straßen ziehen und ihre Interessen an einzelnen Begriffe und Slogans festmachen, die inhaltlich vollkommen haarsträubend besetzt sind, sehen wir Handlungsbedarf. Wir wollen uns darum kümmern, daß die Bezeichnungen und das von ihnen Bezeichnete wieder in einem überprüfbaren Zusammenhang stehen.

Was ich meine? Wer angesichts Belarus, Myanmar, Nordkorea etc. durch unsere Straßen plärrt, Österreich sei eine Diktatur, hat entweder den Verstand verloren oder hat unlautere Absichten. Wenn wir aber keine Begriffe haben, wissen wir nicht, wovon wir reden. Wenn wir uns nicht mehr verständigen können, werden die Kontroversen apolitisch. Das dient der Tyrannei.

Also haben wir erst einmal erörtert, welche Art von Genauigkeit wir für die Erhebung des Status quo brauchen. Wir sind uns einig, daß es hier keine schnellen Lösungen gibt. Der Ausgangspunkt unseres Engagements muß geklärt werden. Keine Aktionen GEGEN wen, sondern FÜR etwas.

Was heißt das konkret? Ich denke, wir werden uns momentan auf zwei Teilthemen konzentrieren, wofür uns jede Verstärkung nützlich erscheint:

+) Aktuell klären, was mit den grundlegenden Begriffen wie Demokratie, Diktatur etc. redlich bezeichnet werden kann und was dagegen reine Propaganda-Sprüche sind.
+) Herausfinden, was derzeit gute/relevante Fragen sind, statt halbherzige Antworten aus den Ärmeln zu ziehen.

Das meint vor allem: die Grundlagen unserer Verständigung aufräumen. Zum riesigen Haufen anstehende Probleme eine kleine Prioritätenliste entwerfen, die mit Menschenmaß und normalen Kräften redlich bearbeitet werden kann. (Allmachtsphantasien meiden!) Ich muß mich nicht um jedes akute Problem kümmern, es sind ja auch noch andere Leute da.

Wir sind uns außerdem einig, daß Sachkenntnis und Esprit unverzichtbare Ressourcen sind, wenn in diesen Dingen was weitergehen soll. Wenn heute jemand „Unsere Kultur, unsere Identität, unsere Heimat!“ brüllt, werden wir klären können, ob die Person überhaupt eine Ahnung hat, wovon sie da redet…

Mir geht es um eine Allianz für die Republik, von der Obskurantismus zurückgewiesen wird, in der auch Dissens ertragen wird und Differenz kein Trennungsgrund ist.

+) Vorlauf | Fortsetzung
+) Die Betrachtungen im Überblick

Über der krusche

jahrgang 56, freischaffend
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