(Beiträge und Fragen zu einer nächsten Kulturpolitik)
Es macht uns immer noch viel Mühe, aus dem Stand der Untertanen herauszutreten. Ich finde erneut keinen Wiederhall in der Frage, weshalb vielerorts das Denkmodell Zentrum/Provinz restauriert wird. Seit gut eineinhalb Jahren vernehme ich allerhand Ömpörung und sehe zu wenig politisches Handeln innerhalb der Zivilgesellschaft. Vielleicht haben wir alle zu oft versäumt, den Worten Taten folgen zu lassen? Und falls sich Tatendrang zeigt, wohin zielen, wonach vorgehen? Kriterien! Konkret werden!
Ich hab in der vorigen Glosse zum Thema „Kommunale Kulturpolitik“ schon einige Fragen aufgelistet, die mir derzeit vorrangig erscheinen. Nun ein Gedankenspiel. Eine idealtypische Version nach meinem Geschmack. Was wäre der Fall, wenn mein Wünschen in der Stadt zum kulturpolitischen Status quo würde?
Rollenfragen und Aufgaben
Ich sehe mir erst einmal die politischen Gremien von Gleisdorf an. Wie sind die Ressorts angeordnet? Das ist mir wichtig, denn ich bin Anhänger einer „Sektor3 Kulturpolitik“. Das bedeutet, ich wünsche mir die drei Sektoren Staat, Markt und Zivilgesellschaft in lebhafter Kooperation.
Politik & Verwaltung, Wirtschaftstreibende sowie Vereine und Privatpersonen haben miteinander zu tun. Außerdem stehen Staatskunst und Gemeinwesen in einem permanenten Austausch, sonst ist Politik keine Politik. Haben die primären Kräfte des Kulturgeschehens praktikable Vorstellungen davon, konkrete Erwartungen?
Primäre Kräfte meint: sehen sich die ansässigen Leute der Wissens- und Kulturarbeit sowie der Kunst auch für solche Fragen zuständig? Oder möchten sie bloß Dienstleistungen und Subventionen abholen? Verstehen sie die Kommune nur als Servicebetrieb? Gestalten sie den Lauf der Dinge durch Engagement mit?
Der Gemeinderat
…formiert die Ausschüsse und bestimmt die jeweiligen Ausschußvorsitzenden. Denen steht die Verwaltung zur Seite, die sich im Rathaus aus verschiedenen Abteilungen zusammensetzt. Deren leitende Personen sind ihrerseits mutmaßlich politisch klar aufgestellt und wenigstens einige von ihnen haben unübersehbar Parteibindungen.
Wenn also etwa Kulturabteilung und Kulturausschuß von zwei erklärten ÖVP-Leuten geleitet werden, sollte es erkennbare Zeichen geben, daß sie ihre Arbeit nicht vorrangig als Dienst an der Stadtpartei, sondern als Dienst an der Stadt ausüben. (Das sei selbstverständlich? Nein, ist es nicht!) Ich wünschte, sie würden das gelegentlich offen aussprechen und begründen.
Die Ausschüsse
Wer sieht sich politisch in der Anwaltschaft für das geistige Leben? Wo ist also die Kultur in welchen Zusammenhängen politisch zu Hause? Das heißt, ich erwarte vom Kulturreferenten, daß er sich als Anwalt des geistigen Lebens in der Stadt bewährt, das ist seine vorrangige Aufgabe. Was er folglich für die Aufgabe des Kulturausschusses hält, sollte er zu jedem Arbeitsjahr deutlich machen, denn da wird es verschiedene Themenschwerpunkte geben, die von den Ausschußmitgliedern entworfen werden.
Ich finde in Gleisdorf vier verschiedene Ausschüsse für ansässige Schultypen, dazu den Ausschuß für Jugend. Als Mann von Mitte 60 sollte ich mich zu einigen meiner Fragen wohl an den Ausschuß für Generationen, Familie, Gesundheit wenden. Ob der Ausschuß für Soziales, Wohnen und Integration gleichermaßen Fragen der Qualität des sozialen und des geistigen Lebens behandelt?
Der Ausschuß für Sport, Freizeit, Vereine hat gewiß etliche Schnittpunkte mit dem Ausschuß für Kultur, Bildung, Marketing, Tourismus, Internationales. Die Wirtschaft ist formell im Ausschuß für Stadtentwicklung, Raumordnung, Ortsbild und Wirtschaft angesiedelt. [Alle Ausschüsse]
Sie sehen schon, das ist eine sehr pragmatische Anordnung. Ist dieser Gemeinderat überhaupt gerüstet, Kulturpolitik nicht bloß als ein Kulturmanagement zu betreiben, das dem Stadtmarketing zuarbeitet? Welche Politikerin, welcher Politiker Gleisdorfs hält das für ein wichtiges Anliegen und für eine wesentliche Aufgabe?
Sie merken, in meinem erträumten Gleisdorf wären diese Fragen längst gestellt und bearbeitet worden. Es hätte dazu auch ein paar Konferenzen im Sitzungssaal gegeben, bei denen die primären Kräfte von Kunst und Kultur mit Politik und Verwaltung über diese Dinge ins Gespräch gekommen wären. (Der reale „Kulturpakt Gleisdorf“ unter seiner jetzigen Leitung tut genau das nicht.)
Hier sind die Abteilungen der Stadt aufgelistet: [Link] Darf ich davon ausgehen, daß es mit Sicherheit keine hausinternen Wettbewerbe gibt, die von Personalstand, Budgethöhe und Wirkmächtigkeit der jeweiligen Abteilung gegenüber den anderen Büros handeln? [Fortsetzung folgt!]
— [The Long Distance Howl] —