Zeit. Raum.

Ich mag diesen Begriff sehr: Homme de lettres. Mann der Schrift. Das ist eine der französischen Bezeichnungen für Schriftsteller; neben écrivain und auteur. Ich bin ein Mann der Schrift, folglich auch ein Mann der Bücher.

Das hat einerseits etwas Obsessives, ist andrerseits ein Fundament meiner Arbeit mit immateriellen Gütern. Ich bin nun in einer Ära gelandet, die den Wissenserwerb als Witznummer erscheinen läßt, während alle Welt „Alternative Facts“ aus den Ärmeln zieht.

Das kann ich bloß zur Kenntnis nehmen. Es ist ja durch Einwände nicht zu bewegen. Mir bleibt aber jede Möglichkeit, an einem anderen Modus festzuhalten. So kam es nun zum Beispiel, daß ich nun einige Regalbretter freigemacht und geputzt hab. (Staub und Bücher. Annähernd untrennbar!)

Diese Bretter brauche ich, um für meine aktuelle Projektsituation eine Handbibliothek zusammenzustellen, aus meinem Gesamtbestand herauszugreifen. Das meint: Quellen griffbereit machen, so daß ich nicht lange suchen muß, wenn ich was suche. (Das betrifft jetzt Styriaca, Bücher über regionale Verhältnisse, im Hintergrund österreichische Sozial- und Technologiegeschichte.)

Konkreter
Katharina Mayr hatte auf Facebook ein Thema angerissen, zu dem Barbara Lukas an einer Stelle meinte: „Dazu passend hätten wir noch zwei Auslagen mit einem kleinen Raum dabei, wo jetzt das Pferd drinnen steht. Wird’s Zeit für einen ZEITRAUM?“ So schaut’s aus! Das mag sich komplementär zu meiner Befassung mit Zeichensystemen im (regionalen) öffentlichen Raum entfalten: „Wegmarken„.

Wie kommunizieren wir mit Dingen und mit der Anordnung von Dingen im öffentlichen Raum? Also zum Beispiel: Architektur, Schilderwald, Dresscode, Automobildesign etc. Und zu all dem: Geschichtsbetrachtung. Alte Bilder. Die Transformation als Ausdruck der Transition.

Einfacher gesagt: Dinge ändern sich. Verhältnisse ändern sich. Läßt sich das angemessen veranschaulichen? Wir leben seit rund 200 Jahren in einer permanenten technischen Revolution. Das bedeutet unter anderem: fast alle unsere Lebensbereiche sind von einer ununterbrochenen Beschleunigung betroffen.

Wissens- und Kulturarbeit muß sich diesem Kräftespiel widersetzen. Der simpelste Grund dafür: menschliche Wahrnehmung kann nicht beliebig beschleunigt werden. Menschliches Reflexionsvermögen kann nicht beliebig beschleunigt werden. Wer da permanent aufs Gas steigt, landet bei Wow-Effekten, denen alle relevanten Inhalte verlorengehen.

Folglich
Nun werden wir uns einmal treffen und miteinander laut darüber nachdenken, was uns einzeln gerade bewegt, berührt, beschäftigt. Mit solcher Kenntnis von den Prioritäten der anderen läßt sich leicht feststellen: Worin haben wir Interessens-Schnittpunkte?

Ist das klarer, bleibt die Frage: gibt es da ein Thema, zu dem wir zusammengreifen wollen?

Das macht den essentiellen Unterschied zwischen Bottom up und Top down. Natürlich kann man ein Thema raushauen, ein Event in Aussicht stellen und dann fragen: wer mag etwas beitragen? Das ist die Top down-Variante.

Oder man lauscht einmal, was andere Menschen bewegt. Schauen wir also, dann sehn wir schon, wie wir auf die Kräftespiele zwischen Zeit und Raum eingehen möchten.

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Über der krusche

jahrgang 56, freischaffend
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