Von Gerhard Hauke
Gestern, Mittwoch den 20.Mai 2020 um 1030h, fand beim Brandauer in 1190 Wien unser angekündigtes Gespräch mit Ö3 statt. Teilnehmer waren die Herren Spatt und Rosenauer von Ö3 und ich für unsere Gruppe „Ö3 is not from Austria“. Martin Böhm war leider krank und Oliver Mally konnte zu dem Termin nicht.
Ich machte den beiden Herren zusammengefasst folgenden Vorschlag: Ö3 soll die nächsten sechs Monate Ihren Österreicher Anteil verdoppeln. Man wäre damit (erst) in etwa im europäischen Durchschnitt der öffentlich rechtlichen Sender mit rund 40% Inlandsanteil. Das brächte Österreichs Musikschaffenden in dieser finanziell extrem angespannten Coronazeit rund 400.000 Euro (zusätzliches) Einkommen, die anderweitig hauptsächlich in den angelsächsischen Raum überwiesen würden. Dazu käme, dass die Künstler dadurch für ihre Post-Corona-Gigs wertvolle werbliche Unterstützung bekämen.
Ich argumentierte mit: Solidarität (so wie es von politischer Seite heißt, dass man heuer in Österreich Urlaub machen soll und in Österreich einkaufen soll – statt bei Amazon etc.), mit Zusammenhalt, dass Ö3 dadurch bei Österreichs Musikschaffenden und in der Öffentlichkeit viel Sympathie sammeln könnte, dass das niemanden „etwas kosten“ würde, dass das eine sehr einfache und rasche Maßnahme wäre und dass der ORF ja immerhin öffentlich rechtlich ist. Weiters brachte ich die aktuelle Aussendung der ifpi zu diesem Thema ins Spiel (Anm: ich habe das in der Gruppe gepostet) und dass der große Frust der österreichischen Kulturschaffenden gerade jetzt zu einem Wechsel im zuständigen Staatssekretariat geführt hat.
Die beiden Herren haben sich das geduldig angehört und dann kurz und bündig erklärt, dass sie das nicht machen werden. Auf meine Frage „warum“, kamen vorwiegend „Stehsätze“, bei denen ich beim besten Willen keinen Zusammenhang zur Fragestellung erkennen konnte sowie das Argument, dass Ö3 wirtschaftlichen Erfolg schulde.
Darauf bin ich eingestiegen und habe den Herren Folgendes eingewendet: Im Jahr 2013, also unter Spatt, erreichte der Österreich Anteil auf Ö3 das absolute Minimum mit 4,7% (also noch tiefer als unter Roscic). Ö3 hatte da einen Marktanteil von 31%. 2019 lag der Österreicheranteil rund beim 4-fachen (Anm. das hat Spatt natürlich nicht freiwillig gemacht. 2018 gab es eine Medienenquete mit BM Blümel und GD Wrabetz, bei der Ö3 eine Österreicher Quote innerhalb der darauf folgenden drei Jahre von 15% in der Kernzeit und 18% all over abgerungen wurde.) und hatte einen gestiegenen Marktanteil von 33%! Heißt, trotz dem 4-fachen Österreicher Anteil ist der Marktanteil von Ö3 in dieser Zeit von 31% auf 33% gestiegen, was ja die Basis für den wirtschaftliche Erfolg ist.
Das konnten die Herren Spatt und Rosenauer dann naturgemäß nicht nachvollziehen. Obwohl ich darauf hingewiesen habe, dass ja umgekehrt (also, sie können nicht mehr Österreicher spielen, weil das dem Marktanteil von Ö3 bzw. dem wirtschaftlichen Erfolg abträglich wäre) gerade ihr Argument sei! Spatt verwies darauf, dass Ö3 in Corona Zeiten ohnedies den Österreicher Anteil gegenüber Ende 2019 um 50% gesteigert hat. Also von rd. 16% all over in 2019 auf 23,4% im April 2020.
Diese Zahlen sind richtig. Allerdings bedeutet dies, dass 2019 die committeten Zahlen der Medienenquete 2018 (all over 18%) bis dahin noch nicht umgesetzt worden sind und, dass das ja auch nichts an unserem o.a. Anliegen der Gruppe ändert. Herr Spatt gibt zu verstehen, dass diese Steigerung von den Musikern nicht gewürdigt wird sondern, dass diese einfach noch mehr haben wollen.
Ich frage Herrn Spatt, wieso die Einnahmen von Ö3 nicht in den veröffentlichten Zahlen des ORF angeführt werden. Das wäre ja zum Nachvollziehen des wirtschaftlichen Erfolges oder Misserfolges und der Ö3 Argumente ein nicht unwesentlicher Faktor. Die lapidare Antwort lautete, weil sie es nicht müssen. (Anm. für die Gruppe zum besseren Verständnis: der gesamte ORF machte 2018 einen Umsatz von 1,04 Mrd. Euro. 637 Millionen, also rd. 60%, davon waren gesetzlich verordnete „Programmentgelte“, also GIS, die wir alle zahlen. 229 Mio, also etwas über 20%, kamen von der Werbung.)
„Nicht-Müssen“, liebe Gruppe, ist auch mein persönliches Resümee. Diese Ö3 Führung macht ausschließlich das, was sie „muss“. Darüber hinaus können sich Österreichs Musikschaffende gar nichts erwarten. Es kommen vorgefertigte Stehsätze. Wertschätzung für Österreichs Musiker und Musikerinnen, Sympathie oder gar Leidenschaft konnte ich keine entdecken. Man bietet einen Termin an, weil man sich nicht vorwerfen lassen kann, dass man nicht einmal mit den Betroffenen redet. Das Ergebnis stand von Anfang an fest. Nach rund einer Stunde schauen die Herren Spatt und Rosenauer auf die Uhr und sagen, dass nun ohnedies schon alles gesagt wurde.
„Der Mohr hat seine Arbeit getan, der Mohr kann gehen.“
+) Gerhard Hauke auf Facebook
+) Gruppe „Ö3 is not from Austria!!!“ auf Facebook
P.S.:
„Allein im Kernbereich der Recording Industry wird der Einnahmenentgang aufgrund der Coronakrise mehr als 30 Millionen Euro betragen“, so Medwenitsch. „Da sind die Veranstaltungswirtschaft und die Musikurheber und Verlage noch gar nicht eingerechnet.“ (Medwenitsch ist Geschäftsführer des Verbands der Österreichischen Musikwirtschaft IFPI Austria. (Quelle)