Der letzte Abschnitt auf unserem heurigen Weg über die drei Dörfer im Rahmen des 2017er Kunstsymposions war vor allem Fragen der Kulturpolitik gewidmet, um von da aus in eine grundlegendere Debatte zu gehen.
Der Abend des 18. November endete mit der Performance „Milan Mijalkovic spricht Überdemokratie“. Ich war überrascht, wie intensiv die Diskussion nach dem Auftritt von Mijalkovic geraten ist und wie sehr sie Anknüpfungspunkte zu Aspekten ergab, die wir am Nachmittag erarbeitet hatten.
Psychologin Katharina Asbäck und Data Scientist Heimo Müller hatten sich schon tags davor mit dem Belgrader Künstler Selman Trtovac verständigt. Dieser Teil stand unter dem Titel „Landkarte der Angst, Zuversicht“. Wo steht wir also momentan und welche Kräftespiele wirken derzeit?
Dazu konnte ich am Samstag nachmittag mit Patrick Schnabl, dem Leiter des Kulturamtes Land Steiermark, in eine kulturpolitische Debatte gehen, innerhalb der wir nach einem Ausgangspunkt für einen neuen oder wenigstens nächsten Abschnitt der Wissens- und Kulturarbeit gesucht haben, an dem deutlich werden sollte: Es wird keinesfalls bloß „mehr vom Gleichen“ geben.
Es ist genau dieses „mehr vom Gleichen“, das sich inzwischen quer durch die Steiermark als so erstickend zeigt, als ein Stillstand in träger Bewegung. Überprüfen Sie es selbst. Man kann es vor allem an den zahllosen Bilderbögen im Internet, die uns Vernissagen zeigen, ablesen.
So viele gleiche Inszenierungen, so viele gleiche Posen, selbst die Mimik, wie sie sich auf etlichen Fotos zeigt, scheint beliebig austauschbar zu sein. Die gezeigten Werke… Schwamm d’rüber! Gut, dagegen ist kein Einwand möglich, denn solche Kulturpraxis, die stellenweise einen Kunstbetrieb simuliert, hat soziale Qualitäten und politische Funktionen. Es gibt also Interessenslagen, die man zu Kenntnis nehmen muß. Aber man muß es diesen Leuten nicht gleichtun.
In unseren Debatten wurde sehr deutlich, daß ein Mehr an solchen Ereignissen völlig unnötig ist, höchst überflüssig. Dieser Schluß leitet sich nicht bloß aus kulturpolitischen Überlegungen ab. Wir haben erlebt, daß die beiden Bürgermeister Peter Moser und Robert Schmierdorfer sehr offen über den Stand der Dinge in ihren Gemeinden sprachen, darüber, was sich in den Kommunen zeigt und was allenfalls fehlt.
In genau diese Situation braucht niemand mit weiteren Angeboten an Konzerten, Lesungen, Ausstellungen und Auftritten hineingehen. Derlei Angebot ist hinreichend vorhanden und an manchem Ort, wo es ungeprüft urbane Modi auf Provinzorte überträgt, sowieso ziemlich obsolet.
Aber was dann?
Es muß betont werden: Wir haben erst einmal einige Fragen gefunden und können das allein schon als anregende Ergebnisse dieser Tage werten. Dabei wurde auch im Gespräch mit Kulturamtsleiter Patrick Schnabl klar, daß wir uns unbedingt Zeit nehmen sollen, um relevante Vorhaben zu entwickeln. Es geht nicht um schnelle Ergebnisse und medial feierbare Wow-Effekte.
Das wurde auf andere Art in der Session mit Milan Mijalkovic sehr deutlich. Unsere Demokratie war mindestens in Österreich über viele Jahre so bequem, daß wir offenbar vergessen haben, darüber nachzudenken, worauf gesetzt werde solle, wenn sie sich verändert, weil sich menschliche Gemeinschaft ja immer verändert. Da besteht derzeit großer Klärungsbedarf.
Bezüglich der nötigen prozeßhaften Arbeit und zum Hintergrund dieser Debatten siehe übrigens den Eintrag, der vor genau einem Jahr, am 19. November 2016, online gegangen ist: „Dorf 4.0 in Progress“.
— [Kunstsymposion] [Dorf 4.0] —