Wie staunenswert uns Nomaden erscheinen, deren Leben sich permanent einer wuchtigen Natur stellt. Das ergibt zuweilen überwältigende Bilder. Es läßt uns auch an wohltuende Kargheit denken, da wir selbst in einem Überfluß leben, der ein Tempo verlangt, das erschöpfend ist.
Doch es wäre eine alte Denkfalle in der Tradition des Rassimus, sich die „Schönen Wilden“ als etwas Ideales auszumalen, auch wenn wir der Begegnung mit ihnen Inspiration abgewinnen können.
Helmut Oberbichler ist kein flüchtig auftauchender Tourist, sondern ein ausdauernder Reisender. Er fühlt sich der Kultur jener Nomaden Afrikas tief verbunden. Die Tuareg (in der Einzahl der Targi und die Targia) könnten uns im Grunde als Menschen von einem anderen Planeten erscheinen, wenn man ihre Lebenssituation und Lebensweise betrachtet.
Vielleicht ist das Bedeutendste an solchen Begegnungen, daß gerade die markanten Unterschiede, in denen wir uns da finden, aufschlußreiche Hinweise geben, was uns schließlich verbindet, was die Conditio humana ausmacht.
Aber das bedarf eher der realen sozialen Begegnung, auf die uns Bilder, mediale Vermittlung, bloß Hinweise liefern. Oberbichler ist ein exzellenter Photograph und versierter Reisender. Er ist ein Beispiel dafür, daß ernsthafte Reisende für uns Bindeglieder zur Welt sind, zu den anderen Welten, die unseren gewohnten Verhältnissen nicht gleichen.
Von den Grenzziehungen durch den Berliner Kongreß (1878) bis zu den jüngstens Kontroversen mit Islamisten wurde das Leben der Nomaden immer wieder ungünstig beeinflußt. Es war also schon zur Kolnialzeit üblich, in globalen Zusammenhängen am Leben ferner Menschen herumzupfuschen.
Es ist derzeit nicht absehbar, wie zukunftsfähig solche Kulturen sind, die über eigene Sprache und Schrift verfügen, über raffinierte visuelle Codes, über Lebensweisen, die wir uns in wichtigen Aspekten nicht einmal vorstellen wollen.
Und sei es bloß, daß von Hand, mit Schaufel, Krampen und Transport-Säcken ein Brunnen gegraben werden muß, der an die 50 Meter Tiefe erreicht, ohne auf Wasser zu stoßen. Gut, das hat es bei uns auch gegeben, man kann in der Oststeiermark noch Leute treffen, die solche Arbeit gemacht haben. Da war aber der nächste Brunnen nicht ein, zwei Tagesreisen entfernt.
Wie erwähnt, eine völlig andere Welt. Ein Stück menschlicher Kultur, die zu verlieren uns ärmer machen würden. Das ließ der Abend in der Kanzley (Fokus Freiberg) mit dem Vortrag von Helmut Oberbichler mehr als deutlich erkennen.