Inzwischen wurde verstanden, worum es hier geht. Sonja Berger hat das in die Headline ihres Berichtes gepackt. Der Begriff Provinz war ja ursprünglich nicht von einem Makel behaftet. Doch das änderte sich und wir kennen heute längst all diese Abschätzigkeit, mit der aus den Zentren auf die Provinz geblickt wird.
Auch in der Kulturpolitik, selbst in unseren eigenen Reihen, mangelt es vielfach an einem zeitgemäßen Verständnis der jetzigen Zusammenhänge in der Deutung des Denkmodells Zentrum/Provinz.
Bergers Headline ist der angemessene Zwischenschritt. Das Wort wird betont. Dies ist die Provinz. Es gibt keinen Grund, den Begriff zu verwerfen. Aber wir haben ihn zu wenden, seine negative Konnotation abzuarbeiten. Hier ist die Provinz, sie unterscheidet sich in vielen Aspekten von Landeszentrum.
Das gilt auch ganz speziell für den Kulturbereich. Wir haben die letzten 30 Jahre nicht vergeudet. Heute können wir aus der Provinz heraus klären, entwickeln und umsetzen, was kulturelles Engagement auf der Höhe der Zeit meint, was der Gegenwartskunst zusteht, was ein angemessenes geistiges Klima verlangt.
Das kann Graz inzwischen auch nicht besser.
Ein Angelpunkt dieser Entwicklung ist inzwischen der Kulturpakt Gleisdorf. In dieser regionalen Arbeitsanordnung erproben Kulturschaffende mit Politik, Verwaltung und Wirtschaft das Kooperieren, das gemeinsame Umsetzen von Vorhaben, deren kulturelles Gewicht Faktum ist.
Darum geht es im Kern aktueller und kollektiver Kulturpraxis. Wir agieren nicht als „Subventionsempfänger“, sondern als Kooperationspartnerinnen und -partner.
Dieser Weg verlangt von allen Beteiligten stellenweise auf radikale Art, ihre Rollen neu zu gestalten, passende Verfahrensweisen des Miteinander überhaupt erst einmal zu entwerfen und in der Praxis zu erproben.
Der heurige Herbstschwerpunkt in Gleisdorf ist ein anschaulicher Beleg dieser Prozesse, zeigt, wie sie zunehmend gelingen. Was bedeutet hier „gelingen“?
Es bedeutet, daß unter sehr kontrastreichen Personen, die das tragen, Übereinkünfte erreicht werden, was Themenstellungen und Aufgabenverteilungen betrifft. Es muß auch Konsens geschaffen werden, welche Ressourcen ins Spiel kommen, wer davon was einbringt und wie sie gemeinsam genutzt werden können.
Darin haben derzeit das Citymanagement Gleisdorf und der TIP Tourismusverband eine bedeutende Rolle entwickelt. Die verschiedenen Themenkomplexe verzahnen, von Gegenwartskunst bis Alltagskultur, verfügbare Mittel bündeln, Synergieeffekte setzen, die eine kleine Formation nicht zustande brächte…
Genauer betrachtet: Wir ringen um gute Lösungen, die Vorteile großer und kleiner Institutionen zu kombinieren, die Nachteile der jeweiligen Strukturen dabei zu minimieren. Das klingt simpler als es ist. Man könnte auch sagen, wir arbeiten gerade an der Quadratur eines Kreises; was übrigens klappt.
Unterschätzen Sie auch nicht den Lauf der Dinge, wenn wir mit unserer Kulturarbeit etwa in der WOCHE den Aufmacher des Wirtschaftsteiles ergeben. Das Kürzel unseres Arbeitsthemas KWW = „Kunst, Wirtschaft, Wissenschaft“ steht für einen Klärungsprozeß, der nötig ist, um im Denken nicht endlos die Kategorien des vorigen Jahrhunderts zu reproduzieren.
Mäzenatentum (bedingungslose Gaben) und Sponsoring (Leistungsaustausch) sind nur zwei von mehreren möglichen Optionen, die wir für die regionale Kulturarbeit zur Debatte stellen. Wir zielen aber etwas höher.
Begleiten Sie uns in dieser Sache bei unserem kommenden Kunstsymposion durch die Konferenzen; so auch bei der Rostfest-Session, deren Vorlauf eben in Eisenerz über die Bühne ging. Wir sind derzeit auf die konkreten Erfarungen sehr verschiedener Menschen angewiesen.
+) Artikel: Programm in der „Provinz“ [link]
+) KWW in der WOCHE, siehe Seite 24/25! [link]
+) Gleisdorfer Herbst in der WOCHE [link]
+) Kulturpakt Gleisdorf [link]
+) Die Konferenzen des Kunstsymposions [link]