Daß der Mensch schon sehr lange über symbolisches Denken verfügt, ist durch Artefakte, die sich in diesem Sinn deuten lassen, für wenigstens 70.000 Jahre belegt.
Das bedeutet, wir verfügen als Spezies über einen Bereich des Reflexionsvermögens und der inneren Welten, wo Vorstellungen und Prozesse stattfinden, die teilweise zu Werken führen, über die wir als Kunstwerke sprechen. Mindestens seit der griechischen Antike sind uns Texte überliefert, die das zum Thema haben: Kunst.
Heute ließe sich etwas salopp sagen: Es gibt keine Gegenwartskunst ohne Kunstdiskurs. Vieles, was als Kunstwerk anerkannt ist, hat in seinen Quellen Anteile von Debatten über Kunst. Auch bei der Rezeption durch das Publikum ist eine wenigstens grundsätzliche Kenntnis des Kunstkanons hilfreich.
Monika Lafer ist ein Beispiel für so eine Verflechtung. Sie ist promovierte Kunsthistorikerin, aber zugleich auch aktive Malerin und überdies Kulturschaffende; als Obfrau des „Archipel: Forum für Kunst und Kultur“.
Das bedeutet, bei ihr gehen Aktion und Reflexion Hand in Hand, was natürlich nicht nur die eigene Arbeit betrifft. Im regionalen Kulturgeschehen bekommt das zum Beispiel durch ihre Texte über die Malerin Hertha Tinchon Relevanz.
In Lafers jüngster Publikation aus dem Jahr 2024 kommt auch eine regionale Künstlerin zu Wort: Martina Brandl. Als eine der Stimmen zu einem Genre, das in Österreich bisher offenbar noch nie ausführlicher diskutiert wurde. Ich meine: in einem kunsthistorischen Sinn. Lafer hat diese Debatte nun eröffnet.
Eben erschien das Buch „Anliegen Kunst: 25 Jahre Kunstgeschichte Steiermark“, herausgegeben von Christina Reimann-Pichler, Katharina Scherke und Margit Stadlober. In der Einleitung heißt es: Die Sammelschrift ist dem 25-jährigen Bestehen des Projektes Kunstgeschichte Steiermark an der Universität Graz gewidmet. Autor:innen aus aller Welt mit Projekt-Bezug liefern aktuelle Beiträge mit klaren Statements aus ihren Fachbereichen rund um die soziokulturelle Fragestellung ‚Was bewirken Kunst und ihre Geschichte heute?’“
Lafer legt darin einen Diskussionsbeitrag vor, mit dem wir darangehen können, zwei Genres als Kategorien zu unterscheiden, die zwar teils aus den gleichen Quellen schöpfen und zahlreiche Schnittpunkte haben, aber dennoch auf grundverschiedenen Strategien im Umgang mit künstlerischen Mitteln beruhen. (Lassen Sie es mich so sagen: Ein Tisch ist kein Sessel, obwohl Sie auf beiden sitzen oder etwas ablegen können.)
Lafer hat ihren Diskussionsbeitrag so eingeleitet: „Zeitgenössisches Kunstschaffen und Hobbykunst – welche Kriterien gelten? Wer bestimmt, wie die Werke zu kategorisieren sind? Mit diesem Text werden einerseits die Veränderungen der Rolle der Künstlerin und des Künstlers im Laufe der Geschichte beleuchtet. Andererseits geht es darum, die beiden Bereiche der zeitgenössischen Kunst und der voluntary arts in der Gegenwart zu beurteilen.“
Das komplette Buch ist erstens als PDF-Datei im Web verfügbar und zweitens im Bereich Creative Commons unter CC BY 4.0 lizensiert. Das bedeutet, die Autorinnen und Autoren des Bandes stellen ihre Arbeit zur Verfügung und zur Diskussion.
Zur Übersicht
+) Anliegen Kunst: 25 Jahre Kunstgeschichte Steiermark (komplett)
+) Monika Lafer: Voluntary Art als PDF-Datei
+) Monika Lafer via NID: Networked Interactive Documents
+) Monika Lafer Home
+) KW 11/2010: „Voluntary Arts“ (Was bedeutet das in den Vorhaben von „kunst ost“?)
+) Archipel: Forum für Kunst und Kultur