Eva Surma von der IGfem Bezirk Leibnitz (Feministische Autorinnen) schrieb anläßlich einer Buchrezension an den Kritiker Klaus Nüchtern: „Wenn ich die Kritik über Sally Rooneys neuen Roman Intermezzo von Klaus Nüchtern lese, stellen sich mir zwei Fragen.“
Erstens: „Warum sind Frauen in der Literatur so unterrepräsentiert? Es gibt nur 17 weibliche Literaturnobelpreisträgerinnen. Mögliche Antwort: Sie wollen sich solchen Kritiken, wie der von Herrn Nüchtern nicht stellen.“
Zweitens: „Liegt es vielleicht daran, dass von Frauen Geschriebenes grundsätzlich gern runtergemacht wird? Mögliche Antwort: Daraus würde sich der Genderpaygap in Kunst und Kultur erklären. Denn Frauen in der Literatur verdienen um 40% weniger. Wahrscheinlich weil sie um 40% schlechter sind als Männer. Nachzulesen im neuen Genderreport des Ministeriums für Kunst und Kultur.“
Diese Post erschien im Falter als Leserbrief, die weitere Korrespondenz lief backstage. Sie finden den gesamten Schriftverkehr hier am Seitenende als PDF-Datei downloadbar.
Nüchtern eröffnete: „sehr geehrte frau surma, das sehen sie ganz richtig: weltweit sitzen abertausende von hoffnungsvollen jungen schriftstellerinnen an ihren schreibtischen, gerade im begriff ihren vielversprechenden debütroman in angriff zu nehmen, schlagen den ‚falter‘ auf, lesen meinen rooney-verriss und lassen es frustriert bleiben, weil: das wollen sie sich nun wirklich nicht antun!“
Dieses Schreiben endete mit: „soweit nur einige kursorische anmerkungen zu ihrer herbeiphantasierten genderpsychologischen ferndiagnose. es stellt ihnen natürlich frei, sich zu jeder kritik, die nicht mit ihrer einschätzung übereinstimmt oder ihnen nicht in den kram passt – haben sie „intermezzo“ eigentlich gelesen? – einen misogynen kritiker zu imaginieren, diesen zu maßregeln, zu belehren und sich an der eigenen moralischen überlegenheit zu erfreuen; aber das hat halt nur sehr wenig bis gar nichts mit der kritik am roman (einem roman, einer schriftstellerin, nicht: „von frauen“!), meiner tätigkeit als literaturkritiker oder meiner person zu tun, sondern hauptsächlich mit ihrer ressentimentgetriebenen und verzerrten wahrnehmung. mit freundlichen grüßen, klaus nüchtern“
Damit war die Sache natürlich nicht erledigt. Eva Surma: „Sehr geehrter Herr Nüchtern, vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort. Ich möchte hier betonen, dass es weder um Ihre persönliche Laufbahn noch um die Verteidigung einzelner Rezensionen geht. Die Frage, die sich stellt – und die über Ihre Kritik hinausgeht – betrifft das größere System, in dem feministische Literatur und Autorinnen immer noch nicht die Aufmerksamkeit und Anerkennung erhalten, die ihnen zusteht.“ […]
+) Die komplette Korrespondenz: 2024_12_09_freiraum.pdf (90 Kb)
Zu Eva Surma
Die Autorin ist Universitär ausgebildete Sprachtrainerin, Erwachsenenbildnerin und langjährige Beraterin. Arbeitsschwerpunkt: Migrations- und Gleichstellungsfragen. In meinen Coachings bespreche ich mit Ihnen komplexe Angelegenheiten rund um Arbeit, Aufenthalt, Gesundheit und Beziehungsfragen. Mitarbeiterin des „ Freiraum“ (Frauen für Frauen)
Weiterführend
Gender Report im Bereich Kunst und Kultur 2017-2021: „Die Geschlechterfrage spielt im Bereich Kunst und Kultur in vielen Dimensionen eine Rolle. Das Spektrum erstreckt sich von Maßnahmen für Gender Budgeting und Gender Mainstreaming, über Werkzeuge und Instrumente gegen geschlechtsspezifische Gewalt und sexuelle Belästigung bis hin zur Erhebung von geschlechtsspezifischen Daten und Zahlen.“ [Quelle]