Österreichs Guerilla V

Es ist nicht egal, was wir sagen, wie wir es sagen, auf welche Art wir Gedanken ausdrücken. Deshalb verzichte ich auf den Begriff „Geschlechterkampf“. Er unterstellt eine Feindseligkeit zwischen Männern und Frauen, verleitet zu martialischen Narrativen, wo wir uns achtsam um Interessens- und Konfliktlagen kümmern sollten.

Hinter verschlossenen Türen…

Es gilt als geklärt, daß Sprache unsere Wahrnehmung beeinflußt. In der Linguistik stützt sich das unter anderem auf die Sapir-Whorf-Hypothese. welche besagt, daß der Wortschatz und die semantische Struktur, dank derer ein Mensch denkt, spricht, für eine bestimmte Auffassung von Realität sorgen. Ein Wirklichkeitskonstrukt, das in einer anderen Sprache, mit einem anderen Wortschatz, anders aussähe.

In diesem Zusammenhang geht es auch um Gewalt durch Sprache, respektive um Vorschläge zu einer gewaltfreien Kommunikation. Ich bin jüngst wegen eines Kommentars in den Social Media auf das Thema „Geschlechterkampf“ gekommen. Durch einen Mann, den ich zuvor schon aus meiner Timeline geschmissen hatte, weil er mitteilen mußte, er bedaure, daß der wahlkämpfende Donald Trump von der Kugel des Attentäters verfehlt wurde.

Jüngst kommentierte dieser Dietwin K.: „Haben wir nicht andere, schwerwiegendere Probleme als Feminismus??!“ Ein aufschlußreicher Satz, denn weshalb sollte Feminismus (also eine Denkweise) ein Problem sein? Noch dazu ein schwerwiegendes? Wünscht sich jemand Denkverbote? Sind Expressionismus, Dadaismus, Existenzialismus, Konstruktivismus etc. Probleme? Natürlich nicht! Sie bieten uns verschiedene Sichtweisen an.

Folglich erhielt K. zur Antwort, daß nicht der Feminismus ein Problem sei, sondern Gewalt gegen Frauen. Das quittierte K. mit einem etwas schlampigen Songzitat: „There is a war between woman and man“ und raunte nichtssagend: „Ist N I C H T so neu das Problem, aber: es hat 2(!) Kehrseiten wohl die Medaille!“

Und zwar?

Die bewußte Stelle lautet bei Leonard Cohen etwas differenzierter und klar metaphorisch: „There is a war between the rich and poor / A war between the man and the woman / There is a war between the ones who say there is a war / And the ones who say that there isn?t“.

Grundsätzliches
Es gibt zwar im Feminismus verschiedene Denkschulen, aus denen die Frauenbewegungen Theoreme und Empfehlungen beziehen, aber neben der Gleichstellung von Frauen gegenüber Männern gilt als ein Grundprinzip des Feminismus eine gerechte Situation für alle, also gleichermaßen für Frauen und Männer.

Welche Kehrseiten welcher Medaille mag K. denn gemeint haben? Welchen Kampf der Geschlechter? Wäre von konkreten Kampfhandlungen zu sprechen? Ja, gelegentlich, aber in ganz anderem Zusammenhang. Zum Beispiel von Vergewaltigung in der Ehe, die in Österreich erst 1989 per Gesetz zur strafbaren Handlung wurde. Kontext „eheliche Pflichten“.

Bemerkenswert, was auf dem steirischen Landesserver zu diesem Stichwort notiert wurde. In der Zusammenfassung: „An gemeinsamen Ehepflichten nennt das Gesetz das gemeinsame Wohnen, Treue – anständige Begegnung, gegenseitigen Beistand und die zumutbare und nach den Lebensverhältnissen der Ehepartnerin/des Ehepartners übliche Mitwirkungspflicht im Erwerb des anderen.“ [Quelle]

Noch bemerkenswerter finde ich diese Passage: „Weitere Ehepflichten sind beispielsweise die Pflicht zum Unterhalt und zur Zeugung und Erziehung von Kindern. Diese und weitere Pflichten können aber von den EhepartnerInnen einvernehmlich abgeändert werden. Derartige Vereinbarungen müssen aber innerhalb der Grenzen der Wesenselemente einer Ehe liegen.“

„Freudenhaus“? Euphmistischer Blödsinn wie auch „Liebesdienerinnen“.

Darin klingt nun an, was ich im Alltagsdiskurs zum Stichwort „eheliche Pflichten“ erfahre. Vox populi begnügt da meist mit dem Thema „ehelicher Beischlaf“. Ich hab dazu einen (aus heutiger Sicht) geradezu sensationell abgründigen juristischen Text gefunden, der in Deutschland galt, als ich gerade zehn Jahre alt gewesen bin.

Zitat: „Die Frau genügt ihren ehelichen Pflichten nicht schon damit, dass sie die Beiwohnung teilnahmslos geschehen lässt. Wenn es ihr infolge ihrer Veranlagung oder aus anderen Gründen, zu denen die Unwissenheit der Eheleute gehören kann, versagt bleibt, im ehelichen Verkehr Befriedigung zu finden, so fordert die Ehe von ihr doch eine Gewährung in ehelicher Zuneigung und Opferbereitschaft und verbietet es, Gleichgültigkeit oder Widerwillen zur Schau zu tragen.“ So ein bundesdeutches BGH-Urteil vom 2. November 1966, IV ZR 239/65. [Quelle]

Gehen Sie auf jeden Fall davon aus, daß auch heute noch allerhand brave Bürger geneigt sind, sowas bei ihren Frauen durchsetzen zu wollen. [Vorlauf] [Fortsetzung]

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