Jüngst, als ich am Supermarkt vorbeikam, fiel mir ein Plakat auf: „Sind Sie Opfer von Gewalt?“ Was für ein Affront, daß dieses Thema plakatiert werden muß, anstatt als minimales Problemfeld adäquate Bearbeitung durch Profis zu erfahren.
Ich kann das, was der Fall ist, nun nicht gleich als Bürgerkrieg bezeichnen. Das wäre zu ungenau. Aber es gibt mitten zwischen uns allen einen privaten Krieg, der alte Wurzeln hat und bis heute nicht annähernd so weit eingedämmt ist, daß wir uns bloß mit wenigen ungestümen Ausreißern befassen müßten.
Ich will hier eigentlich eine Glosse über österreichische Familienangelegenheiten auf den Punkt bringen. Wir haben hierzulande nach wie vor ein epidemisches Ausmaß an innerfamiliärer Gewalt, ergänzt um einige andere Bereiche, in denen sich Privatpersonen anmaßen, eine Differenz durch Gewalttätigkeit zu löschen.
Dabei dominiert, so weit ich sehe, die Gewalt gegen Frauen und Kinder. Es sind dabei nicht nur Männer die Aggressoren, aber sie überwiegen eklatant. Ich empfinde es als Ärgernis, daß sich bei diesem Umstand über Jahre hinweg offenbar keine nennenswerte Besserung nachweisen läßt.
Ich empfinde es als Zumutung, geradezu regelmäßig mit Meldungen über solche Gewalttäter behelligt zu werden. Ich empfinde es als Zumutung, daß immer noch kein breiter gesellschaftlicher Konsens besteht, der solche anmaßenden Leute ansatzlos ächtet, ihr Tun rundheraus und öffentlich als infam, als völlig unakzeptabel markiert.
Verräterischen Sprache
Es gibt immer noch allerhand Kanaillen, welche die Unverfrorenheit haben, nach einem Vorfall zu behaupten, es sei ihnen „die Hand ausgerutscht“. Auch die Mär von der „gesunden Watschen“ scheint unausrottbar zu sein. Diese Dreistigkeit des Behauptens beschönigt das Unentschuldbare.
Sie unterschlägt, daß eine Hand gar nicht ausrutschen kann, sondern verfügbare Kraft sehr gezielt angewandt werden muß, um jemanden gefügig zu machen. So weit ich mich an meine Kindertage erinnere, gerne auch um allerhand Gegenstände ergänzt, welche die Schlagkraft erhöhen.
Das spanische Wort für Krieg lautet Guerra. In einem geschichtlichen Verlauf, der nach dem Dreißigjährigen Krieg begann, mühten sich politische Kräfte oftmals, dem Landkrieg Ordnung zu verleihen. Das mündete in Konventionen, dank derer wir heute wenigstens zwischen regulären Truppen und Freischärlern unterscheiden können. Es sind auch wichtige Übereinkünfte, um Kriterien für Kriegsverbrechen zu haben und taugliche Verfahren einleiten zu können.
Das Wort Guerilla bezeichnet demnach eine kleinere und vor allem irreguläre Form des Krieges. Guerilleros sind keine anerkannten Kombattanten, die nach geltenden Kriegskonventionen einen formal klaren Status haben. Sie stehen von hausaus unter dem Verdacht des Verbrechens. (Erzählen Sie mir jetzt nichts über Revolutionen. Ich bin zu dem Thema ganz gut orientiert.)
Zusätzlich haben wir heute die Kategorie des asymmetrischen Krieges, also der Kampfhandlungen zwischen zwei völlig verschiedenen Parteien in einem markanten Unterschied ihrer Kampfkraft. Es gibt zum Ausmaß der innerfamiliären Gewalt und zur Gewalt gegen Frauen recht gut dokumentierte Evidenz. Dieses beunruhigende Ausmaß läßt mich annehmen, es herrscht ein stiller, nicht erklärter Krieg im Land. Und zwar im Sinn der Guerilla. [Fortsetzung]
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Fußnötchen
Da ich mich mit diesen Umständen nicht arrangieren will, sind Überlegungen nötig, wie ich mich orangieren kann.
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