Wir haben im Archipel ein besonderes Augenmerk auf drei Genres gelegt: Volkskultur, Popkultur und Gegenwartskunst. Dabei ist der Bereich Volkskultur auf merkwürdig gegensätzliche Weise besetzt. Das legt nahe, unseren Fokus zu präzisieren.
Ich finde heute vor allem drei Interessensgruppen damit befaßt, jenes Genre demonstrativ zu nutzen. 1) Bildungsbürgerliche Kreise, die damit unter anderem Identitätsfragen verwalten. 2) Die Unterhaltungsindustrie, von der das Genre massiv bewirtschaftet wird. 3) Der Tourismus beziehungsweise lokale und regionale Managements, welche damit gleichermaßen Identitätsfragen und wirtschaftliche Interessen bearbeiten.
Das Genre Volkskultur war lange Zeit mit der Aufgabe befrachtet, vieles von dem zu erklären, was sich nicht der „Hochkultur“ zurechnen läßt. Selbst darin lagen noch trennende Distinktions-Strategien. Als Kind kannte ich eine Unterscheidung von „echter“ Volkskultur und „volkstümlicher“ Kultur, die gerne auch als „volksdümmlich“ denunziert wurde.
Unser Praxis im Archipel handelt von einem ganz anderen Zugang. Da wir bei ausnahmslos jedem Menschen kulturelle und spirituelle Bedürfnisse annehmen, können wir feststellen, daß sich in unterschiedlichen Gemeinschaften Kulturvariante zeigen, die keinem Fachdiskurs unterworfen werden. Menschen bevorzugen dabei Selbstbestimmung.
Das bedeutet, Menschen leben kulturelle Varianten in ihrer Freizeit nach eigenem Geschmack und machen sich Kriterien sowie Qualitätsfragen innerhalb dieser Gemeinschaften aus. Ein möglicher Zuruf, gar Ordnungsruf von außen, von externen „Autoritäten“, spielt dabei keine Rolle.
Ich nenne zwei Beispiele
Da wäre die Pflege sowie der kultische Nutzen von Klein- und Flurdenkmälern, also von Bildstöcken, Wegkreuzen etc. Solche Praxis wird aus Traditionen hergeleitet und kommt ohne „fachliche Anleitung“ aus, bei gelegentlichem Dialog mit „Experten“. Ein Stück Volkskultur, das in der Bevölkerung sehr stark autonomen Charakter hat, ohne von Fachdiskursen völlig abgelöst zu sein.
Das andere Exempel steht für Volkskultur in der technischen Welt. Die Oststeiermark hat eine hochkarätige Szene der Sammler und Schrauber. Deren Hauptgebiet sind klassische Kraftfahrzeuge. Aber es gibt zahlreiche Querverbindungen zu anderen Sammelgebieten, wie etwa Fahrräder, Möbel, Kameras, Näh- und Schreibmaschinen etc.
Auch da sehe ich Schnittstellen zu Fachdiskursen, doch die wesentlichen Ereignisse werden von engagierten Teilen der Bevölkerung sehr selbstbestimmt realisiert, was auch zu alljährlich wiederkehrenden Veranstaltungen führt. Wir sind derzeit mit zwei dieser Teilbereiche beschäftigt:
Die Beispiele
+) Mythos Puch (Eine laufende Erzählung)
+) Wegmarken, Abschnitt VII (Ein kulturelles Zeichensystem: die Archipel-Phase)