Ich halte es seit etlichen Jahren für evident, daß Österreich politisch beharrlich nach rechts rückt. Das steht für mich seit der „Bundesregierung Kurz I“ (Dezember 2017 bis Mai 2019) völlig außer Streit.
Der folgte vom Jänner 2020 bis zum Oktober 2021 die „Bundesregierung Kurz II“, was den Auftakt der Corona-Jahre einschließt. Da sind folglich weite Bereiche der öffentlichen Diskurse völlig erodiert, zu einem Gezänk verkommen, an dem sich – soweit ich mich erinnere – Menschen aus so gut wie allen politischen Lagern beteiligt haben.
Ich notiere das völlig unaufgeregt, nachdem uns jüngst die Wahlen zum Europaparlament deutlich gemacht haben, wie sehr Europa unter Druck geraten und dabei nach rechts gerückt ist.
Ich schreibe die Glossen in dieser Leiste, weil ich spätestens seit der Corona-Krise einen erheblichen Rechtsruck innerhalb des steirischen Kulturvölkchens feststelle. Der wird auf kuriose Art nicht formell manifest, sondern etabliert sich in manchen Verhaltensweisen, Diskursformen und Netzwerkbildungen, aber auch in allerhand Versäumnissen. (Ja, Unterlassungen sollten auch zur Debatte stehen!)
Sie ahnen vielleicht, ich meide die Verlockung, den österreichischen Rechtsruck nun über Polemiken gegen das politische Personal zu bearbeiten, also einzelnen Politikerinnen und Politikern einschlägiges Fehlverhalten vorzuwerfen.
Erstens, weil vor allem höherrangige Kräfte geschult sind, solche Einwände abzuwehren, beziehungsweise zu übergehen. Zweitens, und das habe ich bis auf die Landesebene erlebt, weil manche der exponierten Leute einen sogar an einen gemeinsamen Tisch bitten, einem aber überhaupt nicht zuhören, von einer Debatte ganz zu schweigen.
Das gilt teilweise auch für die Verwaltung und betrifft selbstverständlich nicht bloß den Kulturbereich. Ich habe mir das zum Beispiel aus dem Sozialbereich erzählen lassen. Funktionstragende schotten sich da stellenweise gegen den Diskurs mit sachkundigen Primärkräften völlig ab, machen sich natürlich auch gegen deren Einwände taub.
Hinzu kommt ein spezielles Problem. Ich verfüge über Kriterien, nach denen ich einige Spitzenkräfte österreichischer Politik dem Neofaschismus zurechnen müßte, was mit dieser präzisen Etikettierung einen angemessenen Diskurs möglich machen würde.
Da aber Österreich bezüglich Wiederbetätigung eine deutliche Gesetzeslage hat, was etwa neofaschistische Aktivitäten unter Strafe stellt, müßte ich umgehend mit einer Klagedrohung wegen Rufschädigung rechnen. Ich habe genau das, eine Klagedrohung wegen Rufschädigung, schon aus weit geringerem Anlaß auf dem Kulturfeld erlebt. Es ist für eine Einzelperson mit meinem sozialen Status umgehend existenzgefährdend.
So eine Kontroverse kann ich also nicht führen, denn ich würde sehr schnell untergehen, indem man mich über die anfallenden Kosten schon im Vorfeld mundtot machte und an den existenziellen Rand, also in akute Absturzgefahr drängen würde.
Wie erwähnt, das ist mir im Kulturbereich schon passiert. Statt einem kritischen Diskurs kamen einige Schreiben von einem Anwalt. Irgendwelche Einwände seitens Kultur- und Kunstschaffender gegen so einen Modus? Gab es nicht.
Ich darf daher zusammenfassen, daß wir als Berufsgruppe den aktuellen Rechtsruck mitproduzieren. Deshalb erschiene es mir töricht, die wahlwerbenden Kräfte mit Polemiken und Zurechtweisungen zu beschicken. Es muß mir auch niemand erklären „wie die so sind“, denn das weiß ich selbst besser als viele in meinem Umfeld.
Ich halte mehr davon, wenn wir in den eigenen Reihen unseres Metiers klären, wie wir es denn mit der Demokratie halten möchten und was das sehr konkret für die Praxis bedeutet. Sowas kann auch zur Folge haben, daß ich mancher Kollegin, manchem Kollegen nachweisen muß, wie deren Handlungs- und Kommunikationsmodalitäten den Rechtsruck begünstigen, verstärken. Es wird Sie kaum überraschen, daß dann so mancher ideologische Dreckfink postwendend behauptet, ich würde mit Dreck schmeißen.
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