An einer Stelle ihrer Überlegungen hat Stefanie Brottrager notiert: „Die Merkmale eines Schildes sind die mitzuteilende Information und eine begrenzte Fläche, welche die Information von der Umgebung bzw. dem Hintergrund absetzt.“
An anderer Stelle heißt es: „Im Sinne der Konzeptkunst existiert also das Sprachbild 1. auch außerhalb der Kunst, 2. im ‚ausgeführten, gestalteten‘ Zustand ebenso wie als Idee, 3. als frei verfügbares Material, das sich Besitzansprüchen grundsätzlich entzieht.“
Das sind mir willkommene Überlegungen in der Gleisdorfer „Konvergenzzone“, wo die meiste Zeit im Jahr rundum eher gefällige Werke präsentiert werden. Gerade da, wo es gefällig hergeht, soll dann das werte Publikum eventuell provoziert werden, Impulse empfangen, um allenfalls über gesellschaftliche Problemlagen nachzudenken, Komfortzonen zu verlassen; oder so ähnlich.
Weshalb sollten Menschen das tun? Und wie soll das mit Malereien in Gang kommen? Da geht es mir mit den Konzeptarbeiten von Brottrager weit besser. Hier muß man überhaupt erst einmal das eigene Denkvermögen starten, um eine Vorstellung zu finden, womit man es zu tun hat. (Vielleicht: Staunen und fragen.)
Da sind wir dann noch nicht einmal im Vorgarten pädagogischer Ansätze oder irgendwelcher Heilsversprechen, sondern gleich ganz woanders. Um es mit Hanno Rauterberg zu sagen: „Die Kunst ist frei, und der Betrachter ist es ebenso.“
Blöd gelaufen, wenn ich nun plötzlich ganz auf mich gestellt bin, wenn so eine Arbeit nicht belehrend sein will, wenn ich nun „Out of the Box“ denken soll, und zwar nicht lächelnd innerhalb einer Vernissagengesellschaft, sondern ganz für mich und ganz außerhalb meines persönlichen Tellerrandes.
Noch einmal Rauterberg: „Gute Kunst ist eine, die den Betrachter zur Deutung einlädt, ohne gleich vollständig ausdeutbar zu sein.“ Auweia! Dabei bin ich in der Rezeption dann womöglich ganz allein auf mich gestellt. Und was, wenn das der Brottrager völlig wurscht wäre, weil sie sich einfach einer intellektuellen und ästhetischen Aufgabe gestellt hat, ohne auch nur kurz daran zu denken, wie es mir damit geht?
Ich verrate Ihnen was: Die Aufklärungs- und Heilsversprechen sind meist nur Wohlfühlsätze, um irgendwem Ressourcen abzuknöpfen. In der Kunst spielt das aber eher selten bis gar nicht eine Rolle.
Ganz unter uns, man muß schon sehr hilflos sein, um sich zu fragen: „Was will uns die Künstlerin damit sagen?“ Ich denke, die hat einen ganz anderen Job zu machen. Wie angedeutet: Man sucht sich Aufgaben und bearbeitet sie mit künstlerischen Mitteln. Sowas haben wir hier.
Das ist ganz offenkundig weder gefällig noch dekorativ. Wer vor diesem Fenster steht, einen Drink in der Hand, und nach zirka zehn Sekunden nickt, ist ein Heuchler. Ich hab einen sehr leistungsfähigen Verstand. Für mich haben zehn Sekunden nicht gereicht, um zu nicken. Aber gut, es gibt immer einen schnelleren Typen…
Ich hab seit meiner Teenager-Zeit einen Jethro Tull-Song im Ohr. „Thick as a Brick“ beginnt mit diesen Worten: „Really don’t mind if you sit this one out / My words but a whisper your deafness a shout / I may make you feel but I can’t make you think…“ (Martin Krusche)