Archipel Gleisdorf: Netzwerke

Seit wenigstens 30 Jahren höre ich aus verschiedenen Reihen des Kulturvölkchens immer wieder: „Vernetzung! Wir brauchen mehr Vernetzung!“

Milena Renate Findeis (aus Prag) im Gespräch mit Richard Mayr.

Wozu diese Rufe? Wir hatten schon ab den 1980er Jahren die nötigen Werkzeuge dazu in den Händen. Mit dem Aufkommen dessen, was wir damals „Neue Medien“ nannten, erhielten wir zusätzlich sehr leistungsfähige Tools.

Ab der Meko 99 war die Situation neu geordnet. Das Rundfunkmonopol lag hinter uns in den Archiven der Geschichte. Nichtkommerzielles Kulturradio war uneingeschränkt machbar. Mit dem Zeitungswesen und Kleinverlagen hatten wir längst reichlich Erfahrungen gesammelt.

Auch die Server-Crews waren da keine Rookies mehr. Wer es nicht weiß oder vergessen hat: Die „Medienkonferenz Linz 1999“ lief unter dem Titel „Kurskorrekturen zur Kultur- und Medienpolitik“, ist überdies mit einem Buch dokumentiert: [Meko 99]

Seither haben sich unsere Möglichkeiten und Werkzeuge ausdifferenziert. Wir sind schon lange nicht mehr auf gedruckte Adreßbücher angewiesen. All das läßt sich via Web weit dynamischer handhaben; und über weitere Distanzen. Teleworking und Telepräsenz bewährend sich als ergänzende Modi.

Zur Jahrhundertwende war der Szene-Status gut dokumentiert.

Das ersetzt die reale soziale Begegnung keineswegs. Aber es überbrückt Abschnitte, in denen Arbeitszeit und/oder Reisekassen knapp gehalten sind. Ich darf daher aus Jahrzehnten der Praxis heraus feststellen:

Wo ein Mangel an Vernetzung beklagt wird, liegt das meist nicht an knappen Ressourcen, sondern es fehlt an guten Gründen zur Kooperation. Hemdsärmelig gesagt: die Leute wollen nicht. Da kannst du Geld draufschmeißen so viel du willst.

Oder um ein Bonmot aus der Sportwelt zu paraphrasieren: Geld kooperiert nicht. Menschen kooperieren. Dazu gehört eine weitere Klarheit: Kooperation ist kein Inhalt, sondern eine Strategie.

Wer also Vernetzung für einen kulturpolitischen Akt hält, bemäntelt damit vielleicht eine kulturpolitische Ratlosigkeit auf inhaltlicher Ebene. Ich kümmere mich um Vernetzung, weil mir viel daran liegt, kontinuierlich mit inspirierten Menschen zusammenzuarbeiten. Dazu gehört auch mein Faible für die Kooperation mit Leuten, die etwas merklich besser können als ich.

Alois Siegl aka Teglich Alois (aus Jennersdorf) beim Gleisdorfer Zeit.Raum.

Ich habe unter anderem egoistische Gründe. Es ergibt spannende Arbeitssituationen, hebt die Qualität eines Vorhabens und ich hab in all den Jahrzehnten noch nie erlebt, daß mich eine vorzügliche Kraft schlecht behandelt hätte. (Fieses Verhalten kenne ich eigentlich nur von fachlichen Schwachmaten.)

Der „Archipel Gleisdorf“ hat einen Kern aus drei Personen. Malerin Monika Lafer, Fotograf Richard Mayr und ich ergeben ein Trio im erheblichen Kontrast. Was wir nun in Fluß gebracht haben, reicht regional vom Raum Oststeiermark ins Burgenland, in den Raum Südsteiermark, nach Graz, nach Wien und sogar nach Prag.

Es werden dazu keine Verpflichtungserklärungen unterschrieben, keine Eide geschworen. Zwei Handlungsoptionen sind maßgeblich. Ich meine 1. aktive Anwesenheit und 2. adäquates Kommunikationsverhalten. Die Praxis zeigt: mit exzellenten Leuten entwickelt sich das ganz mühelos.

Reibereien hat man meist nur mit schwächer begabten Menschen, die vorzugsweise auf Kosten anderer Leute expandieren. Ich halte übrigens auch Transparenz für sehr wichtig. Immerhin leben wir in einer Res publica, arbeiten gelegentlich mit öffentlichen Geldern. Das sollte von außen gut nachvollziehbar sein.

+) Archipel Gleisdorf (Ein Logbuch)
++) Netzkultur

Weiterführend
+) Gleisdorf, Kultur, Netzwerk
+) Lyrik (Das archipelische Netzwerk)

Über der krusche

jahrgang 56, freischaffend
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