Es hat sich in der vorangegangenen Episode (#39) schon abgezeichnet, daß wir hier nun einige Beiträge in verschiedenen medialen Formen miteinander verzahnen. Im Kulturbetrieb wird gerne von interdisziplinären Verfahrensweisen gesprochen, wo verschiedenen Disziplinen unter ein Dach kommen. Das wäre aber bloß multidisziplinär.
Interdisziplinär meint dagegen, daß ich Inhalte in verschiedene Disziplinen verzweige, indem ich unterschiedliche Methoden anwende; gemäß einem Anlaß, um verschiedene Medientypen zu verzahnen, damit ich mein Ergebnis bekomme.
Bei „Wos sull i sogn“ ergibt sich das dadurch, daß eine Erzählung in Text übermittelt wird, dann auch in einem Bild. Dieses inhaltliche Angebot hat Luis Siegl bei seinem Text mit einer konkreten Typografie versehen und dann ein Booklet gestaltet, also eine Drucksorte, welche eine Serie von Siegl-Artberg-Tableaus zeigt.
Eine weitere Verzweigung/Verknüpfung ergibt sich dadurch, daß Sabrina Rupp den Text gelesen hat, wonach er nun als Datei auf Youtube verfügbar ist. Sie sehen den Ereignisbogen? Gedanken werden per Text kodifiziert und überliefert. Gelesen und folglich gesprochen, das bedeutet, der Inhalt wird in die Körperlichkeit geholt, wird über den leiblichen Atem in Schwingungen verwandelt
Dieses „Verkörperlichen“ des Textes, seine Wandlung in eine physikalische Kategorie, läßt sich freilich nicht im Fenster zeigen, außer man würde ein bildgebendes Verfahren anwenden und so die Schwingungen sichtbar machen; oder – der andere Weg – den Ton hörbar machen. (Das bleibt nun teils dem Internet vorbehalten.) Also habe ich das gesamte Ensemble zerlegt.
Die Grafik von Reinhard Artberg ist auf herkömmliche Art gerahmt und ausgestellt. Den Text von Luis Siegl finden Sie vor Ort in einem Display. Das betreffende Tablau aus dem Booklet sehen Sie in einem eigenen Rahmen dargestellt, auf daß der Medientyp mit seinem Buchcharakter präsent bleibt.
Klar, das alles muß man nicht zwingend bedenken. Die Wahrnehmung kann sich auch mit den visuellen Eindrücke begnügen, mit denen man bestenfalls noch den Text entschlüsselt und versteht. Aber auf der quasi anderen Seiten der Glasfront muß sowas von uns bedacht und verstanden werden. Dort, wo Werke entstehen… (Martin Krusche)