[Vorlauf] Um nun auf den Punkt zu kommen: Die politischen Positionen links, Mitte und rechts sind keine „Fixsterne“, sondern Metaphern, deren Gehalt und Bedeutung laufend neu geklärt werden muß.
Ich erwarte mir das eigentlich im öffentlichen Diskurs eines Gemeinwesens, speziell auch im Kulturbereich. Einfach deshalb, weil wir den Funktionstragenden verschiedener Parteien in unserer repräsentativen Demokratie sehr viel an Mitteln und Möglichkeiten übergeben haben.
Das sollte laufend zur Debatte stehen. Dabei kollidieren Interessen naturgemäß. Also möchte ich geklärt sehen, über welche Orientierungspunkte in einem gedanklichen/ideologischen Panorama ich eine Interessensgruppe wo positioniert finde.
Beim populären „Krieg der Worte“, den wir seit Jahren öffentlich wie privat verstärkt erleben, fiel mir schon früher etwas auf, das über den Aspekt „Gewalt durch Sprache“ markant hinausführt. Ab dem Aufkommen nationalistisch-rassistischer Diskurse zum Ende des 19. Jahrhunderts sehen wir in Europa, daß jedem Massaker ein „Krieg der Worte“ vorausging.
Egal, ob sich jemand selbst links, in der Mitte oder rechts stehend sieht, das Grundmuster ist stets gleich: Erst wird der Mitmensch zum Gegenmenschen erklärt, dann zum Nichtmenschen. Deshalb habe ich als unseren „Erfahrungsraum“ den Weg von Verdun über Auschwitz nach Srebrenica betont.
Es war dann ein persönliches Gespräch mit Heinz-Christian Strache, dem vormaligen Frontman der FPÖ, durch das ich auf ein dynamisches Konzept der Betrachtung kam. Für den 1. Oktober 2006 war eine Nationalratswahl angesetzt. Strache machte auf seiner Wahlkampftour in Gleisdorf Station und es war mir gelungen, bei ihm einen Gesprächstermin zu bekommen.
Dabei erfuhr ich unter anderem staunend, daß er und seine Partei eigentlich auch als Linke gesehen werden sollten, denn sie stünden in einer Tradition, die auf 1848 und den „Bauernbefreier“ Hans Kudlich zurückgehe. Ich meine, daß Strache die politische Rolle von Kudlich, einem Mitglied des studentischen Freikorps „Akademische Legion“, zwar stark überhöhte, aber ich sah das als nützlichen Hinweis.
Im Sinne der Kategorien aus der Französischen Revolution: Was wir heute als rechtes politisches Lager deuten, war damals gegenüber der alten Ordnung definitiv links, wenn auch nicht marxistisch, sondern nationalistisch. (Das Kommunistisches Manifest von Marx und Engels erschien 1848.)
Ich muß für unsere gegenwärtige Situation also zweierlei unterscheiden. Wo ist eine politische Gruppe aufgrund ihres Programms im genannten Panorama positioniert? Dem gegenüber: Wo steht sie aufgrund erkennbarer Denkmuster, Sprachformen, durch Äußerungen ihrer Gefolgsleute in den regionalen Medien, den Social Media, in öffentlichen Debatten? Das sind zwei verschiedene Referenzsysteme, die sich nicht decken müssen!
Ich beurteile politische Standorte heute aufgrund einer Kurve, die bei einer Art des absoluten rechten Tiefpunktes beginnt. Den habe ich in einer historisch verbrieften Persönlichkeit gefunden: Dschingis Khan. (Nein, ich scherze nicht!)
Wenn man danach sucht, wie weit Distanz von Demokratie und unserer Auffassung von Menschenrechten abweichen kann, ist der mongolische Khan aus dem 12. Jahrhundert eine taugliche Markierung. Links von Dschingis Khan ist dann natürlich auch der Identitäre Martin Sellner ein Linker, der AfD-Mann Björn Höcke, Hace Strache, wen er lächelt, sowieso, Herbert Kickl auch allemal.
Ich ziehe es vor, die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte als Referenzpunkt zu nutzen. Der Bogen spannt sich daher zwischen dieser Charta und Dschingis Khan. Daran läßt sich ganz gut bemessen, wo jemand im Links-Mitte-Rechts-Panorama steht, wenn ich etwa Rechtes Denken und rechte Strategien entdeckte, die ja in der Sprache gut erkennbar zum Ausdruck kommen. Da kann dann auch ein erklärter Linker als Rechter herauskommen.
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