…als Schnittpunkt zwischen arts and fine arts
Im Kulturbetrieb sind mitunter spannungsgeladene Situationen wahrnehmbar, wenn beispielsweise die Protagonisten der Hobbykunst sich von den Kolleginnen und Kollegen der zeitgenössischen Kunst nicht wertgeschätzt fühlen.
Klärende Gespräche gleichen eher einem Eiertanz und es kommt zu Verböserungen statt einer Besserung der Verständigungsgrundlage.
Daher ist es mir wichtig zu ergründen, worin einer der Kerne der Problematik besteht und ob es möglicherweise sogar einen Schnittpunkt geben könnte, der beide Sparten friedlich verbindet. Ohne eifersüchtiges Hüten der eigenen Errungenschaften, beziehungsweise das Beackern des „feindlichen Gebietes“ als Trittbrett mangels Kenntnis. (Nein, eine Meinung reicht nicht).
Das Abholen von den knappen Geldern ist ein großes Konfliktthema innerhalb des Kulturbetriebs, aber hier geht es um etwas anderes. Es betrifft vermeintliche Hierarchien, das Absprechen von Kompetenzen. In der Hobbykunst ist der soziale Aspekt das Wichtigste – das Zusammenkommen in der Gruppe, das Lernen voneinander in Kursen.
Die zeitgenössische Kunst leistet Grundlagenarbeit: Kunstdiskurs, relevante Fragen stellend wie etwa „Wann ist Kunst?“ (Martin Krusche hält es für wesentlich, nicht mehr zu fragen „Was ist Kunst?“ sondern „Wann ist Kunst?“ – das meint Dinge wie: Marcel Duchamps Fountain war zur Entstehungszeit des Werkes eine Sensation. Heute würde das niemand mehr aufregen.)
Wir sehen, der Vergleich zwischen Hobbykunst und zeitgenössischer Kunst ist schwierig, weil es völlig andere Kategorien sind. Ein Gespräch mit Eva Brandstätter und Martin Krusche brachte mich auf diese spezielle Thematik: Eva betonte die Wichtigkeit der Situation, in der die Kunstschaffenden ihre Idee in die Form bringen. Sie nannte es den Kunstmoment, der immens wichtig für jeden Menschen im kreativen Prozess ist.
Darüber hatte ich nachzudenken – es war für mich in meiner Arbeit so normal, dass ich nicht einmal einen Begriff dafür hatte. Na klar muss es aus der Welt der Ideen raus – sonst hätten wir uns ja auch die Inkarnation sparen können, so meine zynische Seite.
Eva hatte mit ihrer Feststellung absolut recht: Ihr Kunstmoment ist der Schnittpunkt, es ist das, was voluntary arts und fine arts gemeinsam haben. Die Freude am Schaffen, am Tun, der erste Kontakt mit dem physischen Produkt.
Meine Erfahrungen in der wissenschaftlichen Arbeit sowie auch früher im medizinischen Umfeld haben mir gezeigt, dass es dieses Materialisieren einer Idee auch hier in gleichem Maße gibt. Der Wissenschaftler springt begeistert auf, wenn etwas funktioniert, als Künstlerin kenne ich dieses „Jetzt hab ich’s!“ und in der Physiotherapie zeigte mir der Wiederbefund sofort und verlässlich, wann eine Hypothese etwas taugte.
Daher wähle ich den Begriff das konkrete Moment, der nicht auf den Kunstbereich beschränkt bleibt.
Zurück zur Kunst: Das konkrete Moment beschreibt den Zeitpunkt, in dem Kunstschaffende ihre Idee aus der Virtualität und die Realität bringen. Und diese Situation teilen alle, die aus ihren Vorstellungen etwas Materielles entstehen lassen. Dieses Schöpferische meinte Beuys, als er sagte: „Jeder Mensch ist ein Künstler.“ Doch sagt es nichts über die Qualität des Entstandenen aus. Also nicht: „Jeder Mensch ist ein zeitgenössischer Künstler, der nur noch entdeckt werden muss.“
Die Frage nach der Kategorie stellt sich im konkreten Moment nicht – hier entsteht einfach etwas Materielles, dem eine Idee vorangegangen ist. Und wenn es da ist, kann man es zuteilen.
+) Archipel Gleisdorf (Das Projekt)
++) Ein Feuilleton (Kulturpolitik)