Bücher, Bücher, Bücher!

Es sind bloß Grenzen, die sich aus der Alltagsbewältigung ergeben, die mich darin beschränken, mit inspirierten Menschen stundenlang über Bücher zu sprechen.

Über Bücher reden: Anita Keiper und Robert Fimbinger.

Und Literatur. Und Bedingungen des Wissenserwerbs wie des Schreibens. Und worum es im Kulturbetrieb eigentlich geht. In diesen Zusammenhängen erlebe ich sehr unterschiedliche Situationen. So jüngst zwei Arbeitstreffen, die in einem erheblichen Kontrast zueinander standen. (Ich grüble vorerst immer noch, was mir diese Erfahrungen sagen.)

Meeting #1
Da war diese Zusammenkunft, bei der es erklärtermaßen um Kulturfragen ging, wo ich mein Motto als Kulturschaffender offenlegte: „Inhalte, Inhalte, Inhalte!“ Ich war in der gegebenen Runde überrascht zu hören, das seien ja noble Gedanken, aber ohne die Organisation zur Umsetzung eher bedeutungslos.

Wer müßte mir erklären, daß ein geistiges Leben nach einem tauglichen Gemeinwesen verlangt, in dem Vorhaben umgesetzt werden? Doch es gäbe kaum etwas umzusetzen, wenn keine Inhalte vorlägen, aus denen sich Zielsetzungen ableiten ließen.

Ich weiß natürlich, woher es letztlich kommt, daß sich die Macher den Denkern gerne überlegen fühlen. Es ist nicht gar so lange her, daß meine Leute sich dem „Primat der Tat“ verschrieben hatten, was vor allem zu schmerzlichen Denkmälern wie etwas Auschwitz führte.

Wir sind noch nicht damit fertig, unsere aktuelle Lebenssituation darauf hin zu überprüfen, was da an ideologischen Spuren einer anderen Ära immer noch wirksam ist. Da betrifft übrigens bis zur Gegenwart den gesamten Kunstbereich, von dem ja vieles an zeitgenössischen Stoffen als „entartet“ denunziert war.

Bei Keiper: Eine Bücherwand, die das Wort wert ist.

Meeting #2
Ich hatte Verlegerin Anita Keiper um ein Arbeitsgespräch gebeten, zu dem ich mit Fotograf Richard Mayr kommen mochte. So saßen wir dann an einem sehr großen gemeinsamen Tisch, an dem sich auch Keipers Marketing-Mann Robert Fimbinger einfand.

Wir waren uns völlig mühelos einig, daß es im Gemeinwesen einen Raum zu sichern und zu gestalten gibt, der von einem geistigen Leben erfüllt wird, auf daß unser Dasein lohnend erscheint. Ich bin nicht bereit, diese Notwendigkeit zu diskutieren, gar zu erklären.

Man schließt sich dieser Notwendigkeit an, wenn man die dazu nötigen Erfahrungen gemacht und Reflexionen absolviert hat. Ich bin ferner überzeugt, daß diese Art in der Kultur zu sein viel weniger nach Förderung verlangt, als daß Behinderung unterbleibt und bezüglich der Mittel Verteilungsgerechtigkeit Vorrang hat.

Schriftkultur
Seit Sokrates das Aufkommen Schriftkultur kritisiert hat, was Platon im „Phaidros“ notierte, machen wir mit der Kultur Europas die atemberaubende Erfahrung, daß uns Bücher Möglichkeiten bieten, über die Grenzen der eigenen Existenz hinaus auf menschliche Erfahrungen zuzugreifen, die in einer oralen Kultur überwiegend längst verloren wären.

Aus einer Debatte mit Informatiker Hermann Maurer hab ich folgende Überlegung mitgenommen: „Das wird wahrscheinlich eine sehr schlecht dokumentiert Ära sein. Viele Datenträger kann man schon heute nicht mehr lesen. Das PDF-Format wird fallen. Bisher ist als binär codiertes Medium nichts auch nur annähernd so stabil und langlebig wie ein Buch.“ Buchverlage als Archive unserer Kultur, das muß offenkundig neu debattiert werden…

+) An solchen Tagen (Das Projekt)
++) Edition Keiper

Über der krusche

jahrgang 56, freischaffend
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