Ich sehe mich im Archipel für das Konvergieren dreier Genres zuständig: Volkskultur, Popkultur und Gegenwartskunst.
Naheliegend, daß ich mit Volkskultur nicht meine, vier mal im Jahr einen Steirerjanker zu tragen und im Advent „Leise rieselt der Schnee“ zu singen. Ferner ist Gegenwartskunst von den Voluntary Arts zu unterscheiden, die in der Region boomen.
Popkultur, nicht zu verwechseln mit Pop Art, halte ich für ein unterschätztes Genre. Wo ein Kulturprojekt längerfristig wirkt, läßt sich daran arbeiten. (Konvergenz ist das zueinander Tendieren verschiedener Felder.)
Dem Publikum müssen diese Kategorien und ihre Unterscheidbarkeit nicht geläufig sein. Wahrnehmung klappt auch ohne die Arbeit der Ratio sehr gut. Aber in der Wissens- und Kulturarbeit weiß man nicht was man tut, wenn man auf Diskurse verzichtet.
Sie werden das in der Dokumentation meiner laufenden Arbeit immer wieder finden können: Ein Zusammendenken von Volkskultur, Popkultur und Gegenwartskunst. Und zwar in einem Wechselspiel von Kunst, Wirtschaft und Wissenschaft.
Das heißt auch, ich sehe mich auf laufende Diskurse angewiesen, um zu klären, was was ist und wozu ich was tue. Genau dieses Faible für Debatten wird übrigens gerne von Kultur-Leuten angefochten, die Debatten scheuen, weil sie ihre Ansprüche zwar vertreten, aber nicht begründen wollen. Doch das ist eine andere Geschichte.
Ich sehe mich da im Lager von Philosophin Luce Irigaray, deren Auffassung besagt: „Es gibt keine prädiskursive Realität. Jede Realität begründet und definiert sich über einen Diskurs.“ Man kann das ignorieren. Will man aber sinnvoll arbeiten, hat diese Überzeugung viel Gewicht.
Sie sehen an erster Stelle dieser Seite ein Foto, das den Autor Thomas Meinecke und den Medienkünstler Armin Medosch (†) zeigt. Wir waren da anno 2002 in einem sehr stillen Dorf irgendwo in der Schweiz zusammengekommen, um Fragen der Netzkultur zu debattieren. (Die „Salongespräche“ im Rahmen von „Pilgern und surfen“ in Romainmôtier.)
Die Meko 99 („Kurskorrekturen zur Kultur- und Medienpolitik“) lag erst kurz zurück und meine Zuversicht war noch mit guter Kondition versehen. Siehe zu diesen Belangen der Netzkultur auch: „Da gibt’s kein Dort“ (Über Veränderungen im Verhältnis von Zentrum und Provinz)
Meinecke ist unter anderem mit der Theorie des Pop befaßt. Ich habe eben einen seiner Essays von 1981 aus meinen Regalen gezogen: „Neue Hinweise: Im Westeuropa Dämmerlicht“.
Da waren Personal Computers gerade erst an der Schwelle zur Leistbarkeit für Leute mit Durchschnittseinkommen und die Neue Rechte hat in Europa eine Erfolgsgeschichte begonnen, die uns aktuell sehr zu schaffen macht. Das Internet ist in Österreich erst rund ein Jahrzehnt später verfügbar gewesen.
Meinecke sah im Jahr 1979 das „endgültige Auslaufen der letzten Dekadenzperiode“ und thematisierte „Das Ja zur Modernen Welt als Prinzip der permanenten Revolte“. Das finde ich vor allem deshalb sehr interessant, weil inzwischen klar scheint, daß die Dampfmaschinen-Moderne geendet hat und diese neue Ära der Digitalmoderne uns tiefe Irritationen beschert.
Meinecke schon damals ironisch: „Heute Disco – morgen Umsturz – übermorgen Landpartie“. Genau das hatten wir übrigens in der Schweiz gemacht, eine Landpartie. Was ich damit sagen möchte: Es kann den Archipel nur mit laufenden Debatten geben. Aktion und Reflexion müssen in Wechselbeziehung bleiben.
+) Archipel (Ein Logbuch)