Ich habe im ersten Teil angedeutet, daß der G-Wagon symbolisch für einen epochalen Umbruch steht, der nicht bloß die Technik- und Mobilitätsgeschichte betrifft, sondern auch unsere Kultur.
Deshalb nehme ich mir für 2024 die Geschichte dieses Fahrzeugs vor, weil eben diese Geschichte eine ganze Reihe von Aspekten beinhaltet, welche so ein großes Thema ausmachen. Ich hab erwähnt, das Ende der Dampfmaschinen-Moderne läge hinter uns, mit der Vierten Industriellen Revolution seien wir in einer anderen Ära angekommen.
Die G-Klasse hat eine durchgängige Geschichte von nun rund 50 Jahren. In dieser Geschichte bildet sich der erwähnte Umbruch ab; auch in den Produktionsweisen. Das bedeutet, die Menschen, von denen jene Produktionsprozesse realisiert wurden, haben überflüssig scheinende Kompetenzen, die von der Wirtschaft heute nicht mehr gebraucht, also auch nicht bezahlt werden.
Daher sollten wir in der Wissens- und Kulturarbeit eventuell kläre, welche dieser Fähigkeiten für uns sehr wichtig sind, auch unabhängig von der Wirtschaft und den Fabriken. Wir könnten nämlich übersehen, daß manche der gemeinten Fertigkeiten für eine Gesellschaft und im Rahmen der Conditio humana Nutzen, also auch Wert haben, ohne an die Produktion und Wartung von Dingen gebunden zu sein.
In einem meiner Texte zu Designer Louis Lucien Lepoix hab ich Willibald Gangl und Alfred Urleb (WIGL Design) erwähnt. Sie „hatten ihre Berufslaufbahn in den Puchwerken begonnen. Dabei waren Sie in die Entwicklung des Puch G einbezogen, wovon sie mir eine große Originalzeichnung als Präsent überlassen haben.“ [Quelle]
Wir können davon ausgehen, daß in einer Company heute so nicht mehr gearbeitet wir, weshalb fraglich ist, was aus dieser Fertigkeit zur Handzeichnung und zum Malen wird. (Na klar, in der Kunst werden sich solche Kompetenzen wohl halten.)
Künstler Chris Scheur sieht sich Details des Originals an. [Zum Vergrößern anklicken!]
Ich hab überdies erwähnt: „Die Männer erzählten mir, damals habe das Design in Graz noch vor allem als ein Wechselspiel zwischen Zeichner und Modellbautischler stattgefunden.“ Dazu paßt eine Nachricht von Konstrukteur Markus Rudolf. Der hat aus seinem Archiv ein spezielles, ein geschichtsträchtiges Modell herausgezogen. Zitat: „Das ist das Modell, das bei der Tagung zum Thema Austro-Porsche in der Hofburg im Angesicht von Prof. Lenz präsentiert wurde.“
In der Wiener Hofburg, dem Amtssitz des Österreichischen Bundespräsidenten, ging es damals um nicht weniger als den neuen Aufbau einer österreichischen Automobilindustrie. (Das allein wäre heute schon Thema für eine spannende Enquete.)
Rudolf meinte hier Hans Peter Lenz, damals Universitätsprofessor an der TU Wien, eine der Schlüsselfiguren jener Ereignisse; natürlich neben dem Bundeskanzler Bruno Kreisky. Es ist eine komplexe und anregende Geschichte.
Firma Csamay: Alte und neue Techniken kombinieren.
Sie finden dazu eine sehr detaillierte Dissertation auf dem Server der Universität Wien:
„Der ‚Austro-Porsche’“ (Bruno Kreiskys Scheitern beim Neuaufbau einer österreichischen Automobilindustrie) von Laurenz Fürst [Link]
In der Arbeit an diesem Thema kommen wir demnach zu Verbindungen zwischen Handwerk und Kunst, wir haben mit Volkskultur in der technischen Welt zu tun, aber auch mit der Sozial- und Industriegeschichte Österreichs. Wir haben dabei gute Gründe über Design und Marketing zu reden, ebenso über das alte Handwerk.
Was ist das überhaupt, altes Handwerk? Ich hab kürzlich mit Unternehmerin Barbara Schäfer von Csamay gesprochen, die mir ein Beispiel bot, wie solche Kompetenzen gerade in einem modernen Betrieb gebraucht werden. Sie sehen, wir müssen die Anknüpfungspunkte nicht erst suchen, sondern fallen einfach darüber, müssen daher eher das Thema eher eingrenzen, präzisieren.
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