Es ist ein sehr anschauliches Beispiel für das, was ich mir unter prozeßhafter Wissens- und Kulturarbeit vorstelle.
In der Notiz „Ebenen“ habe ich schon skizziert, was es dazu an Vorlauf gab. Die Erkundungen im Realraum: „Autor Martin Krusche und Fotograf Richard Mayr unternehmen Streifzüge und Ausfahrten“. Die Reflexion der Eindrücke, der Austausch darüber und die begleitende Dokumentation im Internet. Das sind zwei der Erzählebenen.
Die dritte Ebene haben wir derzeit in Arbeit. Sie ist ihrerseits dem Erkunden gewidmet und soll zu einem Buch führen, durch das man seinen Geist auf eine Reise schicken kann. Jede der geplanten 50 Doppelseiten ist der Abschnitt einer erdachten Landschaft. Jede der Doppelseiten wird von einer realen Fotografie geprägt, die zu einem Teil quasi in die Abstraktion eines Textes kippt, der seinerseits angelegt ist, um im Kopf der Betrachtenden dann Bilder entstehen zu lassen.
Dazu habe ich mit Mayr eben eine Gedankenreise eröffnet. Die begann mit meiner Auswahl von Texten, von wenigstens 70 Gedichten, unter denen einige fallen können, damit wir auf die gewünschten 50 kommen.
Die habe ich vier Jahreszeiten zugeordnet und Mayr gebeten, mit seiner Distanz zu den Texten in die Sammlung reinzugehen. Die simple Regel: innerhalb eines Jahreszeiten-Blocks kannst Du die Reihe nach Deinem Geschmack beliebig ändern. Und schmeiß raus, was schwächelt oder am Thema vorbeischrammt.
Sie ahnen gewiß, sowas kann man so nur mit vertrauten Personen machen. Es setzt ein Einvernehmen voraus, das keiner Überprüfung mehr bedarf. Ein weiteres Beispiel für das, was ich unseren Pas de deux nenne.
Das ist übrigens ein Arbeitsabschnitt, der sehr physisch sein mußte. Das heißt, die Gedichte am Bildschirm zu schlichten wäre mir unerträglich gewesen. Jeder Text hat sein eigenes Blatt, das bewegt und mit Notizen versehen werden kann. (Mayr hat in seinem Wohnraum einen sehr großen Tisch. Da schlichtet es sich mühelos.)
Dem folgt eine nächste Reise, die etwas aufwendiger ist, als ich gedacht hätte. Es geht darum, Doppelseite für Doppelseite zu entwerfen, also über einem unermeßlich großen Fotoarchiv Entscheidungen zu treffen. Entscheidungen, welches Foto die passende Hälfte eines gesamten Bildes ist, von dem ein Teil „verblaßt“ und in den Text übergeht.
Das bedeutet auch, die Fotos sind keine Illustrationen der Gedichte, sondern – wie die Texte – Teil eines ganzen, eines kompletten Bildes, eines Landschaftsabschnittes. Natürlich ist beides Abstraktion, das Ergebnis von Wahrnehmungserfahrungen und den Reaktionen darauf.
Übersicht
+) An solchen Tagen
++) Raum der Poesie