Wenn wir keine Begriffe haben, wissen wir nicht, wovon wir reden. Die Stadt, das ist etwas sehr Komplexes in einer vielschichtigen Lebendigkeit.
So weit werden Laien noch mit mir gehen. Und dann? Ich hab nun ein wenig gegraben, recherchiert, um zu verstehen, daß ein wirtschaftlicher und sozialer Prozeß den Kern von Gleisdorf innerhalb eines Jahrhunderts fundamental veränder hat.
Sie finden einige Belege dafür in den vorangegangenen Notizen. Wie schon erwähnt, ich hab Architekt Winfried Lechner um Auskunft gebeten, was ein Profi unter “Platz“ versteht, wenn er auf den Florianiplatz blickt. Lechner konstatiert: „Der Platz hat eindeutig die Form eines südost-nordwest ausgerichteten Trapezes, wobei zur Vollendung des Raumes an der Nordseite die Häuserwand fehlt.“
Also ein „unvollendeter Platz“, über den ich schon erzählt habe, daß ihm heute das „Platzhafte“ vollkommen fehlt: [Link] Lechner: „Stattlich bildet das Rathaus eine breite Schulter mit den offenen Gelenken Richtung Rathausplatz und Franz Josef Straße. Wieder so ein Platz, der streng genommen keiner ist. Die geschlossenen Häuserreihen zwischen Kopf (Rathaus) und Becken halten skelettartig den Platz und geben ihm die ausgeprägte Längsrichtung. Richtig, über den hatscherten Vergleich zu einem eleganten menschlichen Körper lässt sich streiten.“
Dieser quasi „Platz-Körper“ trägt, so Lechner, „das knochige Gerüst innen und nicht am Rand. Aber wir reden ja ohnehin von einem Platz. Dabei gibt es nicht unerhebliche, topografische Differenzen zwischen der östlichen und der westlichen Platzwand. Die östliche liegt wunderbar besonnt oben, die schattenwerfende, westliche unten. Das sollte aber nicht unbedingt überbewertet werden. Immerhin trifft der wohlwollende Blick von Osten-Oben auf die dunkel schattigen Hausfassaden im Westen, während – von dort aus aufschauend – sich der Platz als sanft ansteigendes, pittoresk bepflanztes, von einer biedermeierlichen Gebäudeflucht abgeschlossenes Gelände darstellt.“
Wer je den Kessel hinter der Hornunggasse hinaufspaziert ist, hat einen passablen Eindruck vom Gefälle, das sich bis hinunter zum Altarm der Raab ereignet. Lechner: „Eine Geländeunebenheit übrigens, die sich hinterlistig dem architektonisch-geometrischen Gestaltungsdruck der engagierten Städteplaner entgegenstemmt. Der südöstliche Ausgang des Platzes – also der Richtung Franz Josefstraße – weckt ein Bild in mir, das wohl durch mein fortschreitendes Alter und damit verbundenen neuen Körpererfahrungen ausgelöst wird.“
Lehner bietet eine kuriose Metapher an. Wie könnte sich der Körper (Platz) erheben, wenn er aufstehen wollte? Zitat: „Wenn der Körper (Platz) also mit dem Kopf (Rathaus) im Süden liegend ruht, wäre eine bedächtige Rolle über die linke Schulter (Franz Josefstraße) wohl die bequemste Art sich zu erheben.“
Wozu sollte er sich erheben? Na, um mit unserem Archipel ein wenig zu plaudern. Das hab ich in der „Kulturspange Gleisdorf“ skizziert. Diese drei Positionen in Gleisdorf, über die wir ein spezielles geistiges Leben deutlich machen:
+) Florianiplatz (Martin Krusche & Richard Mayr) [Das Festland]
+) Zeit.Raum (Martin Krusche & Monika Lafer) [Die Transit-Zone]
+) Archipel (Team Gleisdorf & Team Mühlviertel) [Die Insel-Welt]
Lechner faßt zusammen: „Die Stadt entwickelt sich in ihrem westlichen Teils zwischen zwei markanten Gebäuden im Nordosten (Stadtpfarrkirche) und Südwesten (Piaristenkloster, Marienkirche), verbunden durch die Bürgergasse. (Sic!) Der Kaiser musste sich mit der südöstlichen Ausfallstraße Richtung Pannonien begnügen.“
Blicken Sie auf die Karte! Wenn man Rathaus, Stadtpfarrkirche und Marienkirche mit Linien verbindet, ergibt sich ein bemerkenswerte Dreieck.
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