Ich wollte also wissen, wie es denn zu einigen der Gleisdorfer Plätze gekommen sein mag. Da gibt es heute so manche Kuriosität.
Zum Beispiel eine Witznummer wie den Gleisdorfer Sparkassenplatz, welcher bloß ein ausreichend breiter Teil der Fritz Hubergasse ist. Man ahnt, daß hier eine besinnungslose politische Kraft der Sparkasse einfach eine gute Geschäftsadresse gebastelt hat, ohne Rücksicht auf das Gemeinwesen zu nehmen.
So rangiert die überregional bedeutende Buchhandlung Plautz unter „Sparkassenplatz 2“, was einigermaßen skurril wirkt, wenn man bei der Volksbank um die Ecke kommt, also jenes Haus passiert, mit dem der Florianiplatz formell endet, um in den Hauptplatz überzugehen.
Vielleicht ist es ein eklatanter Mangel an Kenntnissen der eigenen Geschichte, weshalb Tagespolitik gelegentlich zu kuriosen Momenten führt, die ein wenig (wie soll man sagen?)… unkultiviert wirken. Vielleicht drückt sich so auch Ignoranz gegenüber jenen Traditionen aus, deren Beachtung bei Wahlen gerne betont wird.
Eine kleine Geschichtsbetrachtung
Der Florianiplatz drückt baulich jene Stadtwerdung aus, in der ein wirtschaftlich erfolgreiches Bürgertum seinerzeit ein eigenes Milieu mit eigenem Regelwerk und Rechtsstatus bilden konnte.
Löscht man auf einer Grafik das gesamte Umfeld des Platzes, quasi den Rest der Stadt, wird ein Schema aus der alten agrarischen Welt erkennbar. Kaser und Stocker erwähnen in ihrer Arbeit über die Oststeiermark die sogenannten Gewannfluren, deren hauptsächlichen Verbreitungsgebiete „die Flußtäler des oststeirischen Flach- und Hügellandes“ seien. Und zwar im Raabtal etwa ab St. Ruprecht.
Wenn ich kurz auf die Landnahme zurückblicke, als Dorf gilt, was größer als ein Weiler ist, auf daß die Anzahl von zehn bis 15 Häusern überstiegen wird. Das gesamte Dorfgebiet war in Gewanne (Riede) unterteilt, innerhalb derer jeder Bauer einen Streifen Ackerland besaß, der im Schnitt fünf bis 20 Meter breit sein konnte.
Sieht man sich nun alte Pläne von oststeirischen Längsdörfern an, zeigen sich zum Beispiel „Eng zusammengebaute Mehrseitenhöfe beidseitig entlang eines Weges oder einer Straße“, die oft eine „imposante Häuserzeile“ gebildet haben, so Kaser und Stocker.
Ich gehe davon aus, daß der Florianiplatz eine derartige Vorgeschichte hat. Robert F. Hausmann nennt in seiner Gleisdorf-Chronik die Häuser Florianiplatz 1 und 2 (Volksbank) als die seit 1603 dokumentierte „Seetaller-Hofstatt“. Es endet bei Florianiplatz 20, bei der seit 1542 dokumentierten „Rohrer-Hube“. Voila! Was Jahrhunderte später folgte, skizzierte Thomas Kada in „Der Streit um die steirischen Gemeinweiden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts“ folgendermaßen:
„Vor der Errichtung der politischen Gemeinden waren Bürger eine Kategorie von Bewohnern jener Ortschaften, welchen das Stadt- oder Marktrecht verliehen wurde. Die Gesamtheit dieser Bürger, die sogenannte „Bürgergemeinde“, bildete einen genossenschaftlichen Verband, welcher den gemeinschaftlichen Besitz von Grund und Boden zur Basis hatte. Gemeinsam mit dem Stadt- oder Marktherrn war sie Träger der örtlichen Herrschaft“
Ich werde später noch detaillierter darauf eingehen, welche sozialgeschichtlichen und politischen Prozesse den Platz geprägt haben dürften, weil sich solche Entwicklungen in der Architektur ausdrücken. Aber was genau ist eigentlich ein Platz aus heutiger Sicht? [Fortsetzung]
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Postskriptum
Zu Thomas Kada und Ferdinand M. Lanner siehe auch: „Die Ehre des Handwerks“ (NID Booklet)