Es ist ein altes Motiv unserer Kultur, vor allem auch ein literarisches Motiv. Die Heldenreise. Die Suche nach Erfahrung und Erkenntnis, vielleicht auch als profane Form der Pilgerreise zu deuten.
Das lateinische „quaestio“ und das französische „la queste“ sind Hinweise auf das Forschen. Oder, gemäß dem mittelhochdeutschen âventiure: eine Abenteuerreise. In einer biederen Variante eröffnete Dichter Matthias Claudius ein Gedicht so: „Wenn jemand eine Reise tut / so kann er was erzählen, / drum nehm ich meinen Stock und Hut / und tät das Reisen wählen.“
Der Volksmund quittiert derlei Flausen eher mit „Hätt i, war i, tät i“, denn es gibt eigentlich kein Leben im Konjunktiv. „Hätte ich, wäre ich, täte ich…“, die Hymne unter den Ausflüchten. Ich kenne das übrigens auch im Kulturbereich zur Genüge. Was so manche Leute alles machen und erreichen würden, wenn sie nicht von anderen verkannt, verhindert… Das ist ein kurioses Konzept, aber völlig uninteressant.
Da beschäftigt mich mehr, was Kunsthistorikerin Monika Lafer hier jüngst als „Rhythmus und Obsession“ beschrieben hat. Es geht um Modi, in denen Umsetzung gewissermaßen unausweichlich wird. Es geht um die Bedingungen solcher Zustände und das Eröffnen von Möglichkeiten.
Ich hab hier gerade zwei Männer im Blickfeld, deren Wege sich im „Archipel“ kreuzen werden. Beiden ist es auf ganz verschiedene Art völlig vertraut, daß man immer wieder aus gewohnten Situationen herausgeht, gewohnte Orte verläßt.
Künstler Marcus Kaiser wird, wenn alles gut geht, nächstes Frühjahr Stuttgart verlassen, um im Raum Gleisdorf prozeßhaft ein Werk zu schaffen, in dem er auch wohnen, leben will. Ein Gastspiel in der Oststeiermark.
Bei Fotograf Richard Mayr ist es genau umgekehrt. Er verläßt Gleisdorf immer wieder, um sich einmal mehr, einmal weniger organisierten Bedingungen auszusetzen. Das schließt auch Wildnis ein, und zwar Wildnis im Sinn von: wo nichts mehr von Menschen geordnet ist.
Das interessiert mich wiederum als etwas Grundsätzliches im Nachdenken über Konzepte von Raum. Jener, der fortgeht. Dieser, der ankommt. Das zählt, wo der „Archipel“ neuerdings seinen „Raum der Poesie“ hat, quasi ein Portal, in dem sich Übergänge ereignen werden. Da sind das zwei wesentliche Optionen: fortgehen und ankommen. (Das läßt mich übrigens gerade an einen Film von Claude Lelouche denken: „Weggehen und wiederkommen“ von 1985.)
In derlei Zusammenhängen klärt sich dann stellenweise, ob die Provinz provinziell bleibt oder sich öffnen kann. Dank unserer Möglichkeiten individueller Mobilität und zusätzlich jener Telepräsenz durch neue Medien gibt es ja keine guten Gründe mehr, sich mit einem engen Horizont zu begnügen. Hier also diese Motive, der Archipel, bei dem Insel und Gewässer gleichermaßen wichtig sind, das Kommen und das Gehen, die Quest als Abenteuerreise…
+) Archipel (Ein Logbuch)