Gleisdorf: Kulturpolitisches

Na, worüber wird zu reden sein, wenn ich mich mit Gleisdorfs Kulturreferenten Karl Bauer zu einer Besprechung treffe? Genau! Über kulturelle Fragestellungen.

Karl Bauer, Kulturreferent, Gleisdorf.

Im Zentrum unserer Eröterung stand unter anderem die Frage, was es braucht, um das geistige Leben eines Gemeinwesen anzuregen, voranzubringen. Simple Antwort: Inhalte! Inhalte! Inhalte! Dabei hat eine Kommune naturgemäß andere Prioritäten als eine zivilgesellschaftliche Kulturformation.

Dazu kommt, daß ein lokales Publikum Erwartungen hat, die nicht gerade auf kritischen Diskursen beruhen. Für mich ist das alles leichter zu sortieren, weil ich in einem wesentlich kleineren Wirkungsbereich als ein Gemeinderat Entscheidungen fällen kann, deren Kräftespiele von weit geringeren Interessenlagen berührt sind als jene einer Stadtregierung.

Wir haben aber eine Reihe von Schnittpunkten, was Interessen und Themen betrifft. Eine der großen Aufgaben der Kulturpolitik liegt ja im steten Bemühen um ein angemessene Balance zwischen Konsumation und Partizipation des Publikums.

Es ist viel zu bequem, dabei allenfalls kulturpolitische Defizite zu beklagen und die Funktionstragenden an Pflichten zu erinnern, während die primären Kräfte dazu eher keine Angebote vorlegen. Der vielversprechendere Modus ist gewiß eine engagierte Zivilgesellschaft, die sich um eine Verständigung mit Politik und Verwaltung bemüht. Aber wem erzähl ich das?


Edith Kramer: „At Spring Street Station on the C“ (Repro: Paul Lowry, CC BY 2.0 Deed)

Der Status quo ist bekannt und die Verlockung bleibt groß, eine Kommune als „Serviceeinrichtung“ zu benutzen. Da sind wir die letzten 20 Jahren nicht gar so viel vorangekommen. Egal! Wenn ich mit Kulturreferent Bauer über das regionale Kulturgeschehen spreche, geht es nicht darum, das Trennende zu beleuchten, sondern wir prüfen, welche Schnittstellen gemeinsamer Interessen uns offenstehen.

Was mich sehr freut, ist Bauers Hinweis, daß er Anfang 2024 eine Ausstellung mit Arbeiten von Edith Kramer (1916 bis 2014) nach Gleisdorf bringen wird. Da springe ich gleich an, weil sie die Nichte von Theodor Kramer war, einem österreichischen Lyriker, der mir etwas zu sehr in Vergessenheit geraten ist.

Ich muß dazu erst in meinem Archiv graben. Wenn ich mich recht erinnere, hat die oststeirische Gruppe „Zäus“ (rund um Kurt Keinrath) in den 1980er Jahren die sehr berührende Vertonung eines Kramer-Gedichtes von „Zupfgeigenhansel“ übernommen: „Andre, die das Land so sehr nicht liebten…“ [Link]

Ich sah das damals in einer Tradition, die ich vor allem aus Irland kannte, wo Folkies die Werke bedeutender Dichter wie etwa Patrick Kavanagh aufgreifen. Eines der schönsten Beispiele: „On Raglan Road“.

Filpremiere: „Meine jüdische Familie“ (5.11.23 in Graz).

Zurück zu Edith Kramer. Sie gilt als „The Mother of Art Therapy“. Das bietet einige anregende Inhalte für unsere kulturpolitischen Überlegungen: „Over the years, historians and educators have compared her to another trailblazer in the field of art therapy, Margaret Nambung. While Nambung believed art was an important tool in therapy, Kramer believed that the art itself was therapy.“ [Quelle] Ich zitiere genau diese Stelle, weil mir in der Betonung jener zwei Optionen die Auffassung von Kramer sehr zusagt.

Das ergibt einige Anlässe, auf dem Weg zur kommenden Kramer-Werkschau ergänzende Überlegungen anzustellen. In diesem Zusammenhang war über den aktuellen Dokumentarfilm von Fritz Aigner zu reden. Ich denke, das wird sich mit der Kramer-Ausstellung verknüpfen lassen; siehe: [Link]

+) Archipel (Ein Logbuch)

Über der krusche

jahrgang 56, freischaffend
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