Sistiana finden Sie, wenn Sie sich nach Triest umsehen. Das hat in der Steiermark einen speziellen Klang.
Der Vater von Maria Theresia, Karl VI., ließ von Wien aus einige Post- und Kommerzstraßen bauen, denn im 17. und 18. Jahrhundert war das Transportwesen und das Reisen durch schlechte Wege erschwert. Was in Graz heute noch als Alte Poststraße und Triester Straße beschildert ist, erinnert an die einstige Verbindung zwischen der Hauptstadt des Reiches und der Hafenstadt Triest.
Von Sistiana kann man nach Westen ins Meer springen oder ostwärts einen Sprung nach Slowenien machen. Der Ort gehört zu Duino-Aurisina, wo Rilke einst gern gesehen war, dessen Gedichte derzeit oft in den Social Media vorkommen. Weshalb ich das erzähle?
Das künstlerische “Basisdreieck” zum Thema “Archipel” in Gleisdorf besteht aus Malerin Monika Lafer, Fotograf Richard Mayr und mir. Lafer hält sich gerade in Sistiana auf und hat für diese Tage folgende Praxis festgelegt:
“Tägliche Übungen, hier ein Aquarell live vor der Natur. Regenwolken im Anmarsch, das bedeutet eine Menge Luftfeuchtigkeit, was wiederum heißt, dass das Ding nicht trocknet. Und dass man schnell sein muss, wenn man die besondere Stimmung vor Regen erwischen möchte.”
Genau! Dabei geht es um Pleinairmalerei. Eben dieser Leidenschaft Lafers ist übrigens ein NID-Booklet gewidmet: “Kontext Kunst Vol. 2”. Damit wird ein weiteres Dreieck angedeutet, mit dem wir uns befassen. Das zwischen unseren Ateliers/Büros, dem urbanen Leben und der freien Natur. Ein Zusammenhang, der im “Archipel” von Belang ist.
Richard Mayr ist gerade erst von seiner Reise in die Camargue zurückgekommen, wo ihn dieses Thema, die verschiedenen Raumkonzepte, auf andere Art beschäftigt hat. Davon bekommen Sie erste Eindrücke in den zwei Notizen zu “Les Baux-de-Provence“.
Raum, Raumüberwindung, Raumbewältigung. Dazu paßt auch eine seiner Neigungen, von denen ich erst jüngst erfahren hab. Das Bogenschießen. Ich hatte eben Gelegenheit, zwei seiner Bogen in die Hand zu nehmen, einer davon ein klassischer Langbogen. (Mir war davor nicht besonders klar gewesen, wie viel Kraft es verlangt, einen Bogen zu spannen und diese Spannung zu halten, bis man den Pfeil entläßt.)
Raumüberwindung ganz anderer Art war die Reise von Milena Renate Findeis, die in Prag lebt, aber manchmal die Steiermark besucht, wo ein Teil ihrer Familie zuhause ist. Wir hatten uns am Grazer Hauptbahnhof zu einem Gespräch verabredet. (Ein Ort der Unruhe, für den ich ein spezielles Faible hab.)
Findeis ist Herausgeberin des Online-Magazins „Zeitzug“ und lebt ein Kulturverständnis, das mit meinem stark korrespondiert. Zum Beispiel diese klare Unterscheidung zwischen a) dem Informationsnfressen und b) dem Wissenserwerb. Dieses Augenmerk auf Prozesse, aber auch dieses Interesse daran, aktuell zu klären, was denn das sei: „Unser Europa“. Das schafft eine ganze Reihe von Schnittpunkten zwischen uns.
Und Prag! Das ist in eben diesem Zusammenhang – Europa – ein historisch geprägtes Terrain, über das genauer nachzudenken sich lohnt. So also sehe ich den Gleisdorfer „Archipel“, nämlich in einem größeren Kontext, der uns zu klären hilft, daß Provinz eben nicht „provinziell“ bedeuten muß.
+) Archipel (Ein Logbuch)