Hier nun ein nächstes NID-Booklet zum Thema. Jagdszenen der moderaten Art. Ich schieße nicht auf Tiere, ich fotografiere erwähnenswerte Automobile wo immer ich sie erwische.
Zitat: „Ich deute den Raum Gleisdorf als ein Art Freilichtmuseum, in dem ich Stück für Stück ansehnliche Beispiele der Automobilgeschichte entdecke. Ich bin ein Automobil-Paparazzo. Das gleicht vermutlich der Laune eines Antiquitätensammlers, der über einen Flohmarkt flaniert, um zwischen all dem Plunder einige Perlen zu entdecken.“
Es ist zu vermuten, daß mein Faible für die Jagd nach motorisierten Perlen im Alltagsverkehr im kindlichem Quartett-Spiel wurzelt. Auto-Quartett. Ein Kartenspiel. Parallel dazu auf jeden Fall auch Pickerl sammeln. Das Gerenne, das Suchen und Feilschen, um ein Sticker-Album zu füllen. Außerdem Scale Cars. Ich hab ziemlich viele Modellautos. In Summe ergibt das eine Art von Mixed Media-Museum en Miniature.
Ich bin daher gewissermaßen ein Museumsdirektor. Als Erwachsener hab ich all dem einen seriösen Mantel verpaßt und befasse mich konsequent mit Mobilitätsgeschichte, mit Industriedesign, mit Volkskultur in der technischen Welt, schreibe über all das.
Dazu gehört diese kleine Form laufender Notizen, fast aphoristisch, wie ich sie gerade in diesem nächsten Booklet zusammengfaßt hab. Exponate aus meinen permanenten Beutezügen, denn wann immer ich das Haus verlasse, habe ich meine Kamera griffbereit.
Martin Krusche: Paparazzo
(Das lebende Museum. Ein kleiner Bericht aus der Wunderkammer)
Band #2 in der Reihe „Raum Gleisdorf“
Dieses Booklet ist ein kleiner Ausschnitt dessen, was ich als Fingerübungen verstehe. meine Etüden, stets von ein paar Recherchen begleitet. Eigentlich und im Kern eine Mnemotechnik, damit das themenbezogene Koordinatensystem in meinem Kopf gut geölt bleibt.
Zum soziokulturellen Aspekt
Ich kenne Menschen, die gerne betonen, daß Autos bloß Vehikel seien, die wir benutzen, um von A nach B zu kommen. Das sind sie. Unter anderem. Schiebt man den Rest der Geschichte beiseite, kann man eine Reihe aktueller Konfliktlinien in unserer Gesellschaft nicht entschlüsseln.
Autos sind mobiler privater Raum mitten im öffentlichen Raum. Sie sind Medien, mit denen soziale Statements ausgestreut werden. Sie sind überdies Elemente eines komplexen kulturellen Codesystems, mit dem sich verschiedene Narrative etablieren lassen.
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