Ich hab noch keine Klarheit darüber, ob der Begriff „Held“ aufgegeben werden sollte oder ob es genügen würde, ihn von problematischen Sedimenten zu befreien.
Wäre der Begriff also bereinigt, bräuchten wir ihn dann noch? Ließen sich die Altlasten davon abtragen und wenigstens ins Museum schaffen? Mit Altlasten meine ich Konnotationen, die etwa einer maßlosen Überhöhung von Männern gegenüber Frauen dienen. Oder sie sollen das Sterben von Soldaten dekorieren. Wir kennen allerhand propagandistische Zwecke.
Eine jüngere Variante hat uns die Pandemie-Erfahrung mit Corona beschert. Plötzlich mußten sich einige Berufsgruppen mit dem Prädikat „Helden“ abspeisen lassen, während sie lange Zeit am Rande der Überlastung ihre Jobs machten, damit ihre Branche nicht zusammenbricht.
Sehen wir heute, daß Wirtschaft und Politik in solchen Bereichen konsequent an der Verbesserung von Arbeitsbedingungen arbeitet? Ich kann das nicht feststellen. Die Zuschreibung „Helden“ scheint als Trostpflaster zu dienen.
Wie ist es in persönlichen Zusammenhängen? Gemeinschaft bleibt auf Rollenvorbilder angewiesen, soziales Leben muß geübt und gelernt werden. Sind dann etwa „Idole“ die emotional aufgeladenen Role Models der Freizeitgestaltung und eine Draufgabe?
Immerhin scheint mir derzeit klar, daß man bei diesem Thema nicht vorankommt, falls man auf Antwortvielfalt verzichtet. Ohne Kontraste und die Akzeptanz von Dissens wird sich da keine Klarheit finden lassen.
Das mag verdeutlichen, warum ich in meiner emotional gefärbten Erinnerung zwar an Jochen Rindt festhalte, aber mir sagt es mehr zu, wenn seine Rolle in Österreichs Zeitgeschichte nicht als „Held“ sondern als „Legende“ notiert wird.
Es geht bei all dem nicht um Monumente, sondern um Narrative. Die kursierenden Erzählungen in den Gemeinschaften führen zu jenen Landkarten der Bedeutungen, von denen es dann oft abhängt, ob weitere Wege Richtung Demokratie oder Richtung Tyrannei weisen.
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