Es gehört für mich zu den eher raren Erlebnissen, daß ich mit einem Menschen in einer kommunalen Funktion ein fundiertes Gespräch über kulturpolitische Fragen führen kann.
Der neuralgische Punkt ist geläufig. Legt jemand in seiner Funktion den Fokus mehr auf Effekt oder Inhalt? Heinz Mitteregger leitet das Stadtmarketing von Judenburg als Geschäftsführer. Er ist überdies Bundesinnungsmeister Berufsfotografie.
Ich war zur „Langen Nacht der Museen“ früh genug vor Ort, um erst einmal mit ihm auf dem Hauptplatz einen Kaffee zu haben und völlig jenseits von Small Talk über den Stand einiger Dinge zu reden.
Danach machten wir noch Abstecher ins Museum Murtal und ins Stadtmuseum, bevor ich für meine „Scooter-Session“ im Puchmuseum eingecheckt habe. Ich betone das, weil ich also drei Museen besucht habe, in denen ich an diesem speziellen Tag im Jahr Hauptamt und Ehrenamt verwoben sah, gemeinsam wirkungsvoll.
Ich halte das für einen kulturpolitisch zentralen Punkt, der selten beachtet wird. In meinem Milieu wurde bis heute mehrheitlich nicht begriffen, daß der regionale Kulturbetrieb einen Kategoriensprung vollziehen würde, wenn es gelänge, bezahlte und unbezahlte Kulturarbeit längerfristig zu verbinden, das zu einem Basismodell zu machen. (Die Gründe dafür sind vielfältig, zu umfangreich, als daß ich sie hier momentan ausbreiten möchte.)
Eine Voraussetzung dafür wäre der Umstand, daß wir offen über Leistungsaustausch in gemeinsamen Anstrengungen reden könnten und dabei beachten würden, daß Leistungen in unterschiedlichen Währungen abgegolten werden können. Geld ist bloß eine dieser Währungen.
Wir haben erörtert, welche Fragen sich allenfalls stellen, wenn man Kunst und Kultur nicht als Mägde des Marketings versteht und wenn man sich darum bemüht, daß Provinz nicht provinziell bedeuten muß. Das ist in dieser Region von interessanten Details geprägt, weil erstens Wintersport und zweitens Motorsport im oberen Murtal prägnante Rollen spielen.
Mitteregger machte deutlich, daß in Judenburg nicht auf Events zu setzen wäre, denn das wird im Umfeld und entsprechend groß dimensioniert geleistet. Das aktuelles Beispiel hat Micky Tieber, Frontman der „Alltagsklassiker“, grade mit einem Bericht illustriert.
Rund eine Woche vor meiner „Scooter-Session“ fand am Ring das heurige „Ventilspiel“ statt. Eine Art lebendes Museum der Abteilung „Volkskultur in der technischen Welt“, ein Fest des Industriedesigns und der Mobilitätsgeschichte.
Andrerseits ist der Raum Judenburg durch wunderbare Funde etwa aus der Bronzezeit kulturell bestimmt, überdies von einem Stück Industriegeschichte geprägt, das für die Zweite Republik exemplaisch war. Aus all dem mag folgen, daß ein geistiges Klima von Relevanz und ein kulturelles Leben, in dem sehr verschiedene Kräfte wirksam werden, eine simple Voraussetzung hat: erst einmal gute Fragen stellen.
In den aktuellen technischen und sozialen Umbrüchen, die von internationalen Bedrohungsszenarien kontrastiert sind, wäre nun herauszufinden, was denn zu all dem gute Fragen sind. Durchaus gemäß einem alten kulturellen Paradigma. Womit beginnt Philosophie? Mit dem Staunen und dem Fragen. Ich füge hinzu: Wer jetzt schon Antworten hat, dem waren die Fragen wohl egal. (Weiterführend: „Museum, Kino, Wissenserwerb„)