Ja, Volkskultur können wir auch. Und zwar auf sehr relevantem Niveau. Nein, nicht das gesamte Genre. Erstens ist das nicht nötig und zweitens ist Kunst Ost kein Institut.
Wir widmen uns anlaßbezogen einigen Teilbereichen. Ich habe an verschiedenen Stellen schon betont, daß bei uns ein Schwerpunkt auf drei Genres liegt, die ich in Wechselwirkung sehe. Volkskultur, Popkultur und Gegenwartskunst. In dieser Verbindung sehe ich den Vorteil, aber auch die Notwendigkeit eines übergreifenden Möglichkeitsraumes, der im Alltag verankert ist.
So gibt es manchmal Aufgaben und Vorhaben, die notwendig in eben diese alltäglichen Momente hineinreichen. Andere führen uns zum Beispiel in Debatten über Robotik oder Quantenmechanik. Im Kern bleiben dann stets zwei Aspekte sehr wichtig: Wahrnehmungserfahrungen und Erkenntnisgewinn.
Das ist unverzichtbar prozeßhaft angelegt. Warum? Na, weil sich solche Vorhaben nicht flott erledigen lassen. In der Steiermark sind kuriose Modi häufig; zum Beispiel: 1) ein Round Table, 2) es werden drei Themen auf den Tisch gelegt, 3) der/die Vorsitzende fragt in die Runde: „Habt Ihr dazu was?“ und 4) natürlich finden alle was, das sich zu einem der Themen hinbiegen läßt, 5) Zack! Pressekonferenz und ab die Post!
Kann man machen. Interessiert mich aber nicht, weil das im Gemeinwesen ein geistiges Leben sowie kulturelle Prozesse von Relevanz bloß simuliert. Sowas ist vor allem Public Relations. Mich interessiert eher, was in der Kunstpraxis einer Forschungsarbeit nahe kommt.
Siehe zu genau diesem Aspekt die Notiz „Elektrizität und Transzendenz“ mit dem Buckminster Fuller-Zitat: „Je entwickelter die Kunst ist, desto mehr ist sie Wissenschaft. Je entwickelter die Wissenschaft ist, desto mehr ist sie Kunst…“ [Link]
+) Volkskultur
Was wir bisher in diesem Genre vorangebracht haben, hat zwei markante Schwerpunkte. In jenem Bereich, den man mit „traditioneller Volkskultur“ assoziiert, ist das bei uns im Zentrum, was ich Volksfrömmigkeit bezeichnen möchte. Da ausnahmslos jeder Mensch kulturelle und spirituelle Bedürfnisse hat, diese gemäß der eigenen Pistenbedingungen und ästhetischen Erfahrungen lebt, wird man dazu vor allem in drei Lebensbereichen jederzeit fündig. Die privaten Gärten, die Friedhöfe sowie die Klein- und Flurdenkmäler; also die Wegmarken in einem Gemeinwesen.
Dann geht es aber auch um Volkskultur in der technischen Welt, wie sie Ethnologe Hermann Bausinger vor über einem halben Jahrhundert beschrieben hat. Die manifestiert sich in einer lebhaften Szene der Schrauber und Sammler, ebenso in der Pflege einzelner Industriedenkmäler.
Die populärsten Manifestationen finden sich dabei in der Begeisterung für historische Fahrzeuge. Und gerade in diesen Milieus sind dann oft große Überraschungen zu erleben, weil Fans in solchen Genres oft auch andere Sammelgebiete pflegen, die zeitlich mit ihrem Lieblingsfahrzeug zu tun haben.
Sie würden staunen! Alte Fotoapparate, historische Staubsauger, Nähmaschinen, Grammophone, Werkzeuge, Schlüssel und Schlösser… Vieles davon ist zudem Anlaß, Handwerkstechniken, die grade am verschwinden sind, weiterzutragen, zu erhalten,.
Die jüngsten Publikationen zum Thema
+) Martin Krusche & Richard Mayr: „Wegmarken“ (Ein Kulturelles Zeichensystem)
+) Martin Krusche: „Haflinger“ (Eine kleine Kulturgeschichte des Steyr-Puch Haflinger 700 AP)
+) Martin Krusche: „Die Ehre des Handwerks“ (NID-Booklet)
+) Martin Krusche: „Volkskultur 4.0“ (NID-Booklet)
Begriffe und Praxis
Der Begriff Volkskultur ist seit einigen Jahrhunderten die Markierung ganz unterschiedlicher Interessen, um auf die Domänen sehr unterschiedlicher Interessensgruppen zu verweisen. Es erscheint mir nicht naheliegend, das hierarchisch anzuordnen, eine komplementäre Situation halte ich für tragfähiger.
Also muß laufend neu geklärt werden, was genau man meint, wenn man Volkskultur sagt. Im Kontext des Projekts „Tesserakt“ geschieht das hier: [Die Dokumentation]
+) Vorlauf: Teil III
+) Tesserakt (Übersicht)