Ich bekomme ab und zu Empfehlungen, daß ich meine Ansichten für mich behalten solle. Das kann auch die Zuschreibung „Stasi“ enthalten.
Wir erleben in der Oststeiermark schon länger eine neue Demokratiebewegung, die nun stärker an die Öffentlichkeit drängt. Dazu gehören Leute, die sehr laut für „Frieden, Freiheit und Demokratie“ eintreten, aber empfindlich reagieren, wenn Andersdenkende sich zu diesen Belangen ebenfalls äußern. (Solche Kontroversen im Kampf um Deutungshoheit werden unter „Hegemoniestreit“ zusammengefaßt.)
Bianca Scharler mischt mit. Sie ist Fotografin, Yogini, im Hauptberuf Bauerntochter. Das Massenmedium Facebook dient ihr zur Selbstinszenierung in beeindruckenden Posen, zum Ausstellen von Natur- und Urlaubsfotos, gewürzt durch politische Botschaften.
Unter diesen Botschaften kursiert ein bemerkenswerter Anteil von Zitaten des Herbert Kickl und der Alice Weidel. Ob das vielleicht etwas weit rechts gedacht ist? Aber nein! Das ist eindeutig links von Dschingis Khan.
Ernste Mahnung, indirekt
Scharler schrieb mir jüngst: „Hey Martin! Legst du da sowas wie Stasi Akten auf Kunst Ost an ? LG Bianca“ Nun bin ich zwar kein „Hey Martin-Typ“, wir sind hier ja nicht Teenies unter uns, aber hey, was als rhetorische Frage ankam, ist natürlich als ein Statement zu lesen, das ich verstehe.
Stasi bezeichnet umgangssprachlich das Ministerium für Staatssicherheit der ehemaligen DDR. Das wäre dann – historisch betrachtet – gleich nach der Gestapo einer der übelsten staatlichen Terrorapparate gegen die eigene Bevölkerung eines Landes.
Stasi-Akten waren logischerweise, während dieses Regime herrschte, niemals öffentlich, sondern unter Verschluß. Kontext und Subtext! Scharler meint offenbar, meine Kolumne „Rechtsruck“ auf der Website von Kunst Ost kennzeichne mich als einen „Stasi-Typen“; ein Kompliment, das man bestenfalls noch mit der Zuschreibung „Folterknecht“ überbieten könnte.
Scharler ist nicht die erste Person jener neuen Demokratiebewegung, die meine Bürgerrechte gerne kürzen würde. Puppenspielerin Elfi Scharf hat mir mündlich mitgeteilt, daß es mich einen Dreck angehe, was sie denkt und tut. Aktivist Gottfried Lager teilte mir per eingeschriebenem Brief das „Verbot“ mit, seinen Namen zu benutzen und über ihn zu schreiben, bla, bla, bla…
Demokratie 2.0
So geht’s dahin. Es lebe die Demokratie, aber besser ohne Meinungs- und Antwortvielfalt, am besten auch gleich ohne Wahlen. Quasi Demokratie 2.0, denn die liberale Demokratie macht einfach zu viel Arbeit. Okay. Kann man sich ja wünschen. Wird aber nicht gehen.
Als Bianca Scharler mir schrieb, ging ihre Botschaft mit gleicher Post an Winfried Lehmann, den sie kannte, weil sie vor Jahren bei einem von ihm kuratierten April-Festival Fotos ausgestellt hatte. Dachte sie, er werde mir ins Gewissen reden? Geht nicht. Lehmann ist nämlich vergangenes Frühjahr bei einem Unfall ums Leben gekommen; siehe dazu: „Zum Abschied: Lehmann & Oberbichler“!
Könnte man wissen, muß man aber nicht. Ich verstehe, daß Scharler besseres zu tun hat, als sich auf der Höhe der Zeit aufzuhalten. Da kommt es auf den toten Lehmann jetzt auch nicht mehr an. Das Ringen um die „Demokratie 2.0“ ist anstrengend, Kickl und Weidel können ja nicht alles alleine machen.
Scharler war übrigens nicht bereit, auf wenigstens einen meiner Vorschläge einzugehen. (Sie finden unseren kurzen Dialog am Seitenende.) Es kam nur noch zu einem „Ich frag mich echt was diese Scheisse soll?“. Eine weitere Mitteilung hat sie gelöscht und mich auf Facebook blockiert.
Ich ermatte zusehends durch die Befassung mit dieser neuen Demokratiebewegung. Ich hoffe, diese Szene hat noch ein paar hellere Kerzen auf der Torte, weil ich mich sonst demnächst zu Tode langweile. (Okay, das wäre freilich eine taugliche Strategie, um mich aus dem Geschehen zu kegeln.)
+) Rechtsruck (Übersicht)
Der Dialog Scharler-Krusche
_______________ weiterblättern!