Im Englischen steht der Begriff „Raw Book“ für etwas,das ich als „Blockbuch“ kenne. Eine Spur massiver als die meisten Notizbücher.
Und natürlich robuster als Notizhefte. Dieser Medientypus zieht sich als wichtiges Zubehör durch einen erheblichen Teil meiner Biografie. Ich bevorzuge innen kariertes Papier und schätze die stabilen Buchdeckel. In Zeiten, die mir Sparsamkeit auferlegt haben, nutze ich dafür dicke Kalender, wie man sie etwa von Banken geschenkt bekommt.
Informationen sammeln und Wissenserwerb sind ganz verschiedene Vorgänge!
Ich habe nie zu dekorativen, beziehungsweise bibliophilen Versionen tendiert. Mir begegnen manchmal Menschen, die den Umgang mit schmucken Blockbüchern geradezu demonstrativ praktizieren. Ich deute sowas als Pose: „Seht her, ich notiere bedeutende Dinge!“
Das meide ich. Was man mir ansehen kann, ist Arbeit. Auch geistige Arbeit hat solche Aspekte des Rohen und Robusten, soweit es Medien betrifft. Die Medien müssen für mich nicht hübsch, sondern haltbar sein.
2008: „Rekonstruktion des Tötens“ von Nikola Dzafo & ArtKlinika.
Ich bin inzwischen allerdings zu Notizheften übergegangen, die ich jederzeit leichter bei mir haben kann. Genauer: Schulhefte in DIN A5, natürlich kariertes Papier, vorzugsweise 60 Blatt dick, was aber nicht jederzeit zu bekommen ist.
Vor diesem Hintergrund gefiel es mir, daß die Gruppe „Tuesday Microgrooves“ ihr aktuelles Album „Raw Book“ genannt hat. Pianistin Thais Bauer erzählte, das sei jetzt Band eins, weitere Ausgaben werden folgen.
Eines der Reisetagebücher von Richard Mayr.
Es ist in zwei Richtungen wirksam angelegt. Einerseits sind Raw Books eine wertvolle Arbeitsgrundlage, wenn ein Werk gerade erst begonnen wurde. Andrerseits ist es so verlockend wie naheliegend, die mediale und haptische Qualität eines Blockbuchs zur Metapher zu machen und das dann in die Werkebene hinüberzuschieben.
Sowas kommt unter Kunstschaffenden gelegentlich vor und führt manchmal zu eigenständigen Kunstwerken, die von Sammlern begehrt werden. Aber das Motiv selbst ist sehr viel weitreichender. Ich hatte von Fotograf Richard Mayr jenen bewegenden Bericht über Ernest Shackleton und die katastrophal verlaufene Annäherung an den Südpol bekommen.
Dieses Buch von Alfred Lansing stützt sich ganz wesentlich auf Tagebücher der primären Akteure jener harten und lebensgefährlichen Reise. Mayr neigt selbst zu Reisen in derart entlegenem Gegenden und…
Er führt Reisetagebücher, die teils genauso aussehen: schlichte Raw Books. Es ist also sehr schlüssig, daß ich diese Worte vom Album der „Tuesday Microgrooves“ übernommen hab, um so unser Vorhaben zu überschreiben.
+) Raw Book: Ein Akkord (Übersicht)
++) Raum (Projekübersicht)
++) Tuesday Microgrooves (Home)