Es ist natürlich nur eine Seite meiner Existenz, ein Künstler zu sein. Ich bin Teil eines konkreten Gemeinwesens, politisch anwesend im klassischen Sinn.
Politik ist es ja erst, wo Staatskunst (Funktionärswesen) und Zivilgesellschaft (Gemeinwesen) kooperieren, in Wechselwirkung stehen. Das bedeutet zugleich, über mein Metier zu verfügen, Kunst und Kultur, verlangt Sachkenntnis. Die Definitionshoheit liegt bei uns, was daraus erwächst, steht öffentlich zur Debatte.
+) Aber die Kunst!
In all den Jahren, die ich mit vorzüglichen Kunstschaffenden zu tun hatte, kam es mir nie unter, daß jemand von „Berufung“ sprach. Es ist ein Beruf, wenn man das will. Ein Leben in der Kunst handelt freilich auch von Hingabe und wurzelt in etwas Obsessivem. Aber das ist nicht ungewöhnlich. Wer immer seinen Beruf ernst nimmt und auf ein nennenswertes qualitatives Niveau wert legt, wird in solchen Zusammenhängen arbeiten. Der Spengler, die Chirurgin, der Kaufmann, egal.
Der berufliche Aspekt ist eine soziale Kategorie, keine Kategorie der Kunst. Wer es möchte und dafür Wege findet, kann sich der Kunst ebenso außerberuflich widmen. Seit unsere Leute in der Antike die Genres Handwerk, Kunst und Wissenschaft mit einem Begriff zusammengefaßt haben, nämlich Téchne, haben sich Tätigkeiten und Bedeutungszuschreibungen laufend verändert.
In den über 40 Jahren meiner derartigen Existenz habe ich mit vielen guten Leuten zu tun gehabt, von denen niemand komische Hütchen trug, grelle Brillenfassungen bevorzugte oder anderen Menschen den eigenen Status durch exaltierte Posen mochte.
Die Künstlerinnen und Künstler, deren Arbeit ich schätze, legen ihre Kraft nicht in physische Auffälligkeit, sondern in ihr Werk. Wir reden miteinander auch über den Beruf und seine Bedingungen, über mögliche Vorhaben, Optionen, faszinierende Möglichkeiten.
In der Leiste „Meta. Ich lebe in der Kunst und das Schreiben ist mein Beruf.“ lege ich zu diesem Thema eine kleine Standortbestimmung vor und gehe dabei auch auf die verschiedenen Schwerpunkt-Kompetenzen jener Menschen ein, mit denen ich laufend oder sporadisch zusammenarbeite. („Aber die Kunst!“ ist dabei als ein Themen-Schwerpunkt kenntlich gemacht.) [Die Dokumentation]
+) Kulturpolitik
Ich bin nicht bloß Künstler, sondern auch Bürger eines Gemeinwesens. Also interessiert mich das politische Klima in meinem Lebensraum und – berufsbedingt – ganz speziell die Kulturpolitik. Da herrscht mir viel zu viel Schweigen in möglichen und vor allem öffentlichen Diskursen. Für Kunst und Kultur erschöpfen sich Optionen vielfach – wie auch in anderen Lebensbereichen – im Ausstreuen von Slogans und Memes.
Ich fand es zum Beispiel unakzeptabel, für die Kunst auf Knien um die Anerkennung von „Systemrelevanz“ zu flehen. Symbolisches Denken, ein zentrales Ereignis in der Kunstpraxis, gab es schon Jahrtausende, bevor jene Systeme entstanden, vor denen heute herumgekniet wird.
Oder diese von einem Pleonasmus geprägte Phrase „Ohne Kunst wird’s still“. Wie sollte das sein? Nicht einmal in Konzentrationslagern, im Gulag, in den übelsten Nischen menschlicher Verzweiflung schweigt die Kunst. Ich begleite das Geschehen permanent mit Diskursbeiträgen, aktuell via „Ein Feuilleton“ (Kulturpolitische Beiträge, laufende Debatte). [Die Dokumentation]
+) Rechtsruck
In meinem Umfeld haben viele Leute übersehen, daß es quer durch Europa eine Neue Rechte gibt, die sich seit Beginn der 1980er Jahre kulturell transformiert hat, strategisch daran ging, sich in allen relevanten Einrichtungen von Gesellschaften zu etablieren.
Das war ab Anfang der 1990er Jahre in etlichen Büchern gut dokumentiert, konnte sich aber recht unbehelligt weiter entwickeln. Der Raum Gleisdorf ist davon speziell geprägt worden. Neofaschisten proklamieren hier offen eine „Kulturrevolution von rechts“. Von deren Milieu wurde inzwischen der Begriff „Subkultur“ aufgegriffen, einst unmißverständlich mit Postionen weiter links assoziiert.
Etliche Leute aus diesem Dunstkreis haben sich eben auf den kulturellen Bereich konzentriert und sind im Zentrum der Stadt angekommen. Sie bemühen sich um Ressourcen und um Definitionsmacht. Natürlich darf man sich darum in einer Demokratie bemühen. Aber das kann nicht ohne Einwände bleiben und verlangt nach öffentlichen Diskursbeiträgen.
Ich verfolge, begleite und kommentiere das seit Jahren, denn es nimmt Einfluß auf meinen Lebensraum. Das schafft Diskussionsbedarf. [Die Dokumentation]
+) Vorlauf: Teil II
+) Tesserakt (Übersicht)