Am Schelchenberg hat Ingo Alton 2023 für ein paar thematisch angeordnete Ensembles gesorgt. Industriedesign ist ja nie bloß der reinen Nützlichkeit von Gegenständen gewidmet.
Ich kenne ganze Litaneien von Einwänden, die uns auf die bloß praktische Funktionen der Dinge verpflichten möchten. Aber so sind wir Menschen nicht. Wir verzehren uns auch nach immateriellen Qualitäten.
Ja, danke, ich weiß! Das macht uns auch verführbar. (Eigenverantwortung ist eben eine anspruchsvolle Disziplin.) Ein Beispiel. Mitte der 1930er Jahre bearbeitete Raymond Loewy, der später zur Design-Legende wurde, einen Kühlschrank, den er für das Handelshaus Sears neu gestaltete. Der Verkauf des Coldspot Super Six stieg darauf um einen zweistelligen Prozentbereich.
Design matters!
Die enormen Flossen gab es nicht bloß bei Cadillac. Aber dort wurde das Thema gründlich durchdekliniert. Harley Earl dominiert diese Geschichte, denn er war damals Boss jener Abteilung bei General Motors, in der Industriedesigner Frank Hershey einer seiner Ideen nachgehen konnte.
Es gilt heute als unbestritten, daß Earl Skizzen von Hershey als Ausgangspunkt für weiterführende Studien nahm. Das fing knubbelig an und wurde heftig. Die Legende besagt, ein Mehrzweck-Flugzeug, ein amerikanischer War Bird aus dem Zweiten Weltkrieg, soll die Insiprationquelle für das zeitweilige Aufragen von Heckflossen an amerikanischen Automobilen gewesen sein.
Durch ihren Doppelrumpf hatte die Lockheed P-38 Lightning hinter der Pilotenkanzel zwei Leitwerke. Earl und Hershey haben sich, so heißt es, die Lightning damals auf der Selfridge Air Base genauer angesehen. Von Harley Earl kam schließlich das Okay für Frank Hershey’s Entwürfe des 1948er Cadillac.
In jenem Jahr begann dort eine neue Ära. Der Cadillac Series 62 mit ersten Anflügen von Heckflossen wirkt noch bullig und kompakt. Zehn Jahre später waren dann schon enorme Zacken zu sehen. In Europa gingen so heftige Flossen nie in Serie.
Auch wenn etwa Scaglione und Bertone heftig beflügelte Concept Cars entworfen hatten; die Alfa Romeo Berlinetta Aerodinamica Tecnica. Was dem Mercedes-Benz W 111 zum Spitznamen „Große Flosse“ verhalf, war dagegen völlig moderat und mußte sachlich „Peilsteg“ heißen. Kaum mehr als eine Bügelfalte.
Am Schelchenberg konnte man heuer anschauen, wie dieses kuriose Stilelement sich in eine nüchterne Phase zurückbildete…
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