Am 19. August 1900 erschien in der Allgemeinen Automobil Zeitung ein bemerkenswerter Artikel. Im Beitrag unter dem Titel „Wie Arbeitet ein Elektromotor?“ wird ein Problem erwähnt,…
…das seit rund 120 Jahren noch eher ungelöst erscheint. Das Gewicht von Batterien. In einem „Auszug aus dem Referat, gehalten auf dem internationalen Automobilisten Congress zu Paris von F. Forestier.“ heißt unter anderem:
„Hoffen wir, daß recht bald ein Genie oder ein Zufall die Accumulatoren von ihrem Bleigewicht befreien möge, damit der Elektromotor auf dem Gebiete des Automobilismus freie Bahn habe und wir all seiner vielen unschätzbaren Vorzüge theilhaftig werden.“ (Die Debatte läuft derzeit heftiger denn je.)
Zu jener Zeit war die Nutzung von Elektromotoren in verschiedenen Einsatzbereichen schon üblich, aber der damals gerade 25 Jahre alte Ferdinand Porsche hatte mit der Entwicklung seines Radnabenmotors einen besonderen Akzent gesetzt. Der damit versehene „Lohner-Porsche“ wurde in Paris enorm bestaunt, weil nun nicht bloß elektrische Straßenbahnen oder Lokomotiven zu bestaunen waren, sondern auch ein Automobil.
In Paris wurde am 15. April 1900 die „Exposition universelle de 1900“ eröffnet. (Am 12. November 1900 endete diese Weltausstellung.) „Unter den vielen Staaten hat Oesterreich würdig theilgenommen an dem grossen Werke.“
Und zwar mit „Vier Luxuswagen der k. u. k. Hof-Wagenfabrik L. Armbruster (Wien), zwei der Wagenfabrik Ferdinand Keibl (Wien) und drei der k. u. k. Hof-Wagen- und Automobil-Fabrik Jakob Lohner (Wien) sind zur Ausstellung gebracht, ausserdem ist die letztgenannte Firma mit einem elektrischen Automobil (Lohner-Porsche) vertreten. Dies ist ein Wagen ohne Vorleger und Transmission, seine Motoren liegen in den Vorderrädern, die gleichzeitig Lenkung und Antrieb bilden.“
So die Ausführungen von Jakob Lohner persönlich in einer Publikation, die Erwin Pendl damals zusammengestellt und illustriert hatte. Lohner weiter: „Einen interessanten Gegensatz zu dieser Neuheit auf dem Gebiete elektrischer Phaethons bildet das gleichzeitig ausgestellte Benzinautomobil, System S. Marcus, mit welchem der Erbauer Siegfried Marcus im Jahre 1875 in Strassen Wiens Fahrten machte. Hier sei wähnt, dass Marcus bereits in den Sechzigerjahren an der Construction von Benzinmotoren gearbeitet hat und 1870 einen solchen Versuchs-Lastwagen durch längere Zeit benützte.“
Interessant, daß Lohner in dieser Publikation das Jahr 1875 nennt, denn im späteren Streit um den zeitlichen Vorrang (Benz oder Marcus) wurde dem Fahrzeug nur mehr 1888/89 zugebilligt, während der Benz Patent-Motorwagen Nummer 1 mit 1885 in den Geschichtsbüchern notiert ist. (Den Benz und den zweiten Marcus-Wagens sehen Sie auf der Seite „Rund um Porsches Anfänge“!)
Nebenbei bemerkt, das Wort Phaeton war eine übliche Bezeichnung für offene Automobile, der Begriff aus der Kutschenwelt hergeleitet. Später kam für den geschlossenen Innenlenker die Bezeichnung Sedan dazu und mit wachsender Karosserievielfalt so mancher weitere Begriff aus dem Kutschen-Universum: Break, Cabriolet, Coupe, Landaulet, Phaeton etc.
Schwank am Rande: Phaeton ist in Europas Mythologie der Sohn des Sonnengottes und durch seinen Leichtsinn quasi der erste Unfalltote des gehobenen Verkehrswesen.
Helios hatte seinen Sonnenwagen mit den wilden Pferden ohnehin nicht herausrücken wollen, aber Phaeton war hartnäckig geblieben und baute einen enormen Crash. Im spanischen Museo Nacional del Prado hängt ein mit 1636 – 1638 datiertes Ölgemälde von Jan Carel van Eyck. Er hat den Sturz des Phaeton nach Skizzen von Peter Paul Rubens gemalt: [Das Bild]
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