Transitionen, Gleisdorf West

Die Stadt hat eine Zone am Ostufer der Raab, die heute wirtschaftlich etwas ruhig geworden ist, aber von einer lebhaften Geschichte geprägt wurde.

Die Bahn von Weiz, links hinter den Gebäuden die Raab, rechts das verlassene Lagerhaus.

Ich nehme zur Betrachtung dieses Abschnittes einen lebhaften Ausgangspunkt. Wo die Grazer Straße stadtauswärts das Bahngeleis überquert, wurde 2023 eine Schrankenanlage errichtet. Die nahe Eisenbahn-Haltestelle (der Verbindung nach Weiz) ist dabei gründlich überarbeitet worden. Hier kreuzen sich Bahn-, Bus- und Individualverkehr.

Die Haltestelle Gleisdorf West (an der Grazer Straße) während des Umbaus.

Wenige Meter daneben mündet der Mitterwiesenbach in einen Altarm der Raab (Vorfluter) ein, nachdem er – von Albersdorf herkommend – die nördliche Industriezone Gleisdorfs durchlaufen hat. Folgt man von dieser Einmündung aus den Geleisen Richtung Süden, passiert man erst einen aufgelassenen Steinmetz-Betrieb, an den der Hinterhof einer Werkstatt grenzt: Autohaus Neffe. (Dort wurden ursprünglich Schabermühlen und Obstpressen gebaut.)

Das Foto links: die Brücke über den Altarm der Raab, rechts der Altarm.

Die anschließende Fläche ist von einem verlassenen Lagerhaus des landwirtschaftlichen Bedarfs dominiert, an dessen Vorplatz einst eine Traktoren-Werkstatt grenzte. Damit ist im Straßennetz die Lagerhausgasse erreicht, quasi eine Verlängerung der Bahnhofstraße. Den Kreuzungspunkt der beiden bildet die Mühlwaldstraße, bei der eine zweite Bahnlinie hereinkommt, jene von Graz gegenüber der von Weiz.

Das Foto links: die Verbindung zum Bahnhof, rechts der Blick auf den Altarm von der Eisenbahnbrücke bei Binder +co.

Die Bezeichnung Mühlwaldstraße erinnert an frühere wirtschaftliche Funktionen dieses Bereichs der Stadt. Bevor sich die modernen Walzenstühle durchsetzten, wurde noch in vielen kleinen Mühlen, von denen es etliche im Raum Gleisdorf gab, mit Mühlsteinen gemahlen.

Das Foto links: die Eisenbahnanbindung des Lagerhauses, rechts (einstmals) die Traktorenwerkstatt, dahinter der Turm des Sägewerkes Felber.

Nur wenige Meter weiter befindet sich direkt an der Raab eine aktuelle Nachkommenschaft solcher Funktionen: die Firma Felber. Ein Sägewerk mit Wehranlage und eigener Trafostation. Dieser Betrieb wurde 1963 auf dem Grundstück der vormaligen Hofmühle (Schloß Mühlhausen) errichtet.

Felber: Der „Sagler“ und seine Wehr.

Kleiner Einschub
Mühlen, Hämmer, Sägewerke und Kleinkraftwerke zur Stromerzeugung stehen in einem engen Zusammenhang; erstens in einigen technischen Grundlagen und zweitens in der Nutzung von Wasserkraft. Außerdem bedurften sie – wie etwa auch die zwei Lederer in der Stadt, Baumgartner und Dinsleder – belastbarer Verkehrswege. Über das Anliefern und Abholen von Gütern waren derlei Betriebe natürlich auch Umschlagplätze für Informationen.

Die westliche Stadteinfahrt nach der Eisenbahnkreuzung: das Autohaus Neffe, dahinter der Klosterkomplex und die Marienkirche.

Einstiges Zentrum
Zurück zum Ausgangspunkt dieser Skizze: Grazer Straße, Bahnübergang, Mitterwiesenbach und Raab-Vorfluter. In Sichtweite, an das Autohaus Neffe angrenzend, das ehemalige Kloster mit der Marienkirche. Einst ein populärer Wallfahrtsort mit angeschlossenem Spital, zuletzt Bezirksgericht und schließlich Flüchtlingsunterkunft.

Das Foto links: Reste vom Steinmetz-Betrieb, rechts die Eisenbahnbrück über den Altarm, Blick Richtung Grazer Straße.

Auf der anderen/westlichen Seite die Firma Binder +co. Dieses Unternehmen von Weltrang hat dort eine Eisenbahnanbindung, die mit einer spartanischen Balkenbrücke den Altarm überquert und etwa beim vormaligen Lagerhaus mit der durchgehenden Gleisanlage verbunden ist.

Das verlassene Lagerhaus.

So auch das Lagerhaus selbst, auf daß hier Waggons rangiert werden konnten. Ein kleines Stück südlich mündet – heute hinter Bauten und dichtem Buschwerk – der Altarm in die Raab ein. Gegenüber liegt das leichter begehbare Ufer zum Terrain von Binder +co.

Das ist der Betrieb mit jener säulenlosen Rundhalle aus dem Jahr 1960, die als besondere Ingenieursleistung gilt. Sie hat 50 Meter Durchmesser, ist 15 Meter hoch und mit einem Kran versehen, der bis zu zehn Tonnen Last verträgt. (Ich hab 2012 mit Kooperationspartnern in dieser Halle bei laufendem Betrieb ein Kunstsymposion realisiert.)

Binder +co: Rundhalle und Verwaltungsgebäude.

Zurück zur Grazer Straße, stadtauswärts. Vorbei an Binder +co findet sich rechts – nach der erneuerten Raab-Brücke- das kürzlich erbaute Unit-Center; ein Wirtschaftsstandort. Dort gab es davor „Das einsame Haus“, dessen Abriß ich dokumentiert hab.

Das Foto links: Die neue Raab-Brücke während des Baus. rechts: Die Straßenmeisterei, die Raab-Brücke und das Unit-Center.

Danach ein insgesamt sehr komplexes Gefüge, welches ich hier unter „Das Gewirr“ aufbättere und noch vervollständigen werde. Dazu gehört ein weitläufiges Rückhaltebecken, in dem Rollrasen produziert wird. Dort besteht eine Autobahnanbindung.

Das Viereck
So läßt sich ein Viereck markieren, innerhalb dessen interessante Veränderungen vorgegangen sind, die auf den Stadtkern Gleisdorfs Auswirkungen hatten. Von der Bahnkreuzung Grazer Straße (mit der Haltestelle) läßt sich nach Süden eine Linie ziehen, vorbei am Steinmetz-Betrieb, am Autohaus Neffe und am alte Lagerhaus. (In diesem Bereich steht die erwähnte Marienkirche mit dem vormaligen Kloster.)

Das Foto links: Die Eisenbahnbrücke oberhalb der Felber-Wehr, bei Binder +co. Rechts: „Das Gewirr“. (Im Hintergrund das Unit-Center und die Raab-Brücke.)

Nach Westen geht es dann oberhalb des Bahnhofs zum Sägewerk Felber. Dazwischen kommen zwei Bahnlinien herein, von Graz und von Weiz. Die Felber’sche Staustufe an der Raab läßt zu einer kargen Eisenbahnbrücke hinüberblicken, die das Terrain von Binder +co berührt. Von dort geht es in „ Das Gewirr“, um Richtung Gleisdorf das gedachte Viereck zu schließen; vorbei am Rückhaltebecken, am Unit-Center und über die erneuerte Raab-Brücke.

Blick aus dem Lagerhaus auf die Bahnverbindung, dahinter die Raab.

Die Übersicht
Sehr markant: die Rundhalle von Binder +co. Darunter der Zusammenfluß von Altarm und Raab, auf dieser Höhe rechts das Lagerhaus. Darunter die Eisenbahnbrücke und die Staustufe des Sägewerkes Felber. Links die Raab-Brücke, „Das Gewirr“ und entlang dem Freiberg Weg das Rückhaltebecken.
+) Google Maps

Das Projekt
+) Matrix der Gewässer (Eine Erkundung)
+) Extra (Diverse Querververweise und Elemente)

Querverweise
+) Mitterwiesenbach
+) Regionalität und Realität // Globalität und Virtualität (Kunstsymposion in der Fabrikshalle)
+) Die neu erbaute Raab-Brücke
+) Das einsame Haus
+) Das Gewirr

Über der krusche

jahrgang 56, freischaffend
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