Ist Ihnen der Begriff Bassena geläufig? Es ist ein Quell der Unterhaltung, der Folklore und auch der Schäbigkeiten..
Bevor in Mietshäusern einst jede Wohnung Fließwasser eingeleitet bekam, gab es auf den Gängen kollektiv nutzbare Wasserstellen. Da trafen sich Menschen oft beim Wasserholen und von daher leitet sich der Begriff Bassenatratsch ab.
Das waren üblicherweise gesellige Plaudereien, auch Denunziationen, aber keine soliden Diskurse mit klaren Argumenten. Die Bassena ist Geschichte. Die Kategorie Bassenatratsch hat sozial überlebt.
Durch Social Media wird auch überregional erlebbar, was früher meist bloß eine Etage oder ein Haus weit reichte. Im Sozialbau galt die einzele Stiege als Kategorie und als Info-Sphäre. In den weitläufigeren Wohnbaublöcken kann man numerierte Stiegen finden, die jeweils eine Art Dorfgemeinschaft ergeben.
Ich komme selbst aus solchen Zusammenhängen. Münzgrabengürten, siebter Stock in einem Doppelhochhaus. (Da war die Stege nebenan schon „Feindesland“. Es ging eben nicht ohne das „Wir“ und „Ihr“.)
Posen und Kalendersprüche
Seit dem ersten Corona-Lockdown komme ich aus dem Staunen nicht mehr heraus, wer sich alles via Social Media auf eine Bühne drängt, um Aufmerksamkeit zu erlangen; und sei es für fast nichts. Was macht man, falls man womöglich Jahrzehnte auf irgendeinem Sofa geschnarcht hat? Eine Komfortlage, statt sich Themen ganz konkret zu erarbeiten, sich sachkundig zu machen, um für anregenden Debatten gerüstet zu sein,
Was nimmt man dann aus solcher Pose heraus auf die Bühne öffentlicher Debatten mit? Zum Ramsch. Da wirft man mit Versatzstücken um sich, simuliert eine Diskussion und verallgemeinert was das Zeug hält. Man denunziert Anderdenkende, bezeichnet sie eventuell als Lügner, wahlweise als korrupt. So wird in Slogans mit „der Lügenpresse“, „den Experten“, „der Wissenschaft“ und „den Politikern“ abgefahren. Was immer Widerspruch leistet, wer immer widerspricht, wird beschimpft, abgewertet, für nichtig erklärt.
Das ist freilich keine Domäne rechter Kreise, das finde ich in linken Lagern ebenso. Genau da fallen dann rechts und links zusammen. In den menschenverachtenden Äußereungen, in den großspurigen Abwertungen Andersdenkender. Posen und Ramsch.
Dafür werden vor allem exponierte Persönlichkeiten auf infame Arten verächtlich gemacht. Da wird in größter Selbstergriffenheit das eigene Ego medial spazierengeführt. All das garniert man mit einer endlosen Flut von Links zu Fremdbeiträgen, mit Memes, mit Spruchweiseheiten der simplen Art.
Diese Schule der Niedertracht gewinnt sehr konkret an Boden, wo solchen Leuten in weiten Bereichen die öffentlichen Diskurse überlassen werden. Wird ihnen nicht öffentlich widersprochen, fühlen sie sich bestärkt.
Damit blüht die Eroberung des vorpolitischen Raumes und die Kulturrevolution von rechts macht kräftig Fahrt. Auf skurrile Art auch durch tatkräftige Mithilfe vieler Leute, die sich politisch eher links wähnen. (Simple Probe: „Was unterscheidet nun dein Statement von den Tiraden eines Herbert Kickl, wenn er gut in Fahrt ist?“ Und schon lassen sich links wie rechts oft nicht mehr unterscheiden.)
Es gibt in unserer Kultur ja zur Bassena eine nächste Tratsch-Kategorie. Den Stammtisch. (Klar! Eine Metapher.) Ich hab in Gleisdorf selbst erlebt, wie bei Besprechungen zum Thema in der Kirchtaverne einige Leute ihr Maul aufreißen, daß es weiter nicht geht. Aber draußen, im öffentlichen Diskurs, kommt dann nichts, außer bestenfalls ein Durchdeklinieren persönlicher Befindlichkeiten. Auch das ebnet Wege nach rechts.
Dieser Mangel an intellektueller Selbstachtung, während man sein Gefieder spreizt, ist sicher kein bloß österreichisches Phänomen. Doch die Oststeiermark hat davon reichlich vorrätig. Posieren als Possenreißerei. Große Klappe im kleinen Kreis.
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