Im Rückblick lassen sich die Vorgänge oft ganz gut sortieren; und bewerten. Im April 2014 schien mir eine krisenhafte Entwicklung überwunden. Genau ein Jahr danach hatte sich im regionalen Kulturgeschehen ein Erdrutsch ereignet.
Ich übersah und unterschätzte damals, was sich im Hintergrund entwickelt hatte. Daher sehe ich dieses Booklet zum 2014er April-Festival als Dokument einer Markierung. Unter anderem vor dem Hintergrund einer Reflexion des Zeitraumes 1814-1914-2014.
Mit „krisenhafte Entwicklung“ meine ich, daß wir im Kielwasser der Weltwirtschaftskrise von 2008/2009 als Kulturschaffende alle unter Druck geraten sind, zumal 2010 auf Landesebene restriktive Maßnahmen anliefen, Budgetkürzungen etc. Es brachen Strukturen ein, das Klima wurde frostiger etc. Ich hatte gedacht, das ließe sich in kollektiver Kulturarbeit abfangen.
Kulturwissenschafter Günter Marchner schrieb im Vorwort: „Mit Kunst Ost ist eine Initiative zur Verankerung von Gegenwartskunst in der Oststeiermark, vernetzt mit dem internationalen Raum, tätig. Außerhalb jener urbanen Zonen und Milieus, wo zeitgenössische Kunst nicht selbstverständlich ist und die Luft dünn wird, sind Kunst/Kulturschaffende und eine Initiative wie Kunst Ost mit spezifischen Bedingungen konfrontiert: Sie stehen vor der Herausforderung, ein dünner gesätes und weit verstreutes Publikum zu gewinnen – oft in einem Kontext von Vorurteilen und Wissensdefiziten gegenüber zeitgenössischer Kunst.“
Das NID-Dokument
Spannungsfelder (April-Festival 2014)
Ich hatte angenommen, daß a) der von mir konzipierte und in den Jahren davor erprobte „Kulturpakt Gleisdorf“ halten würde und daß b) ein Teil der primären Kräfte in der Region das mittragen würden. Was genau? Wir arbeiten bottom up an Themen, entwickeln Projekt und gehen in die Umsetzung, wobei uns die Kommune unterstützt und begleitet.
Aber genau ein Jahr nach diesem April-Festival war der „Kulturpakt Gleisdorf“ unter Kontrolle des Rathauses und auch sonst allerhand nicht mehr so selbstbestimmt, wie in den Jahren davor. Es steht im Booklet zwar auf Seite 6: „Ein Arbeitsergebnis dieses Projektes ist der Kulturpakt Gleisdorf, welcher sich derzeit verselbstständigt.“, aber das meinte genau nicht, er werde an das städtische Büro für Kultur und Marketing übergeben, sonder er löse sich als eigenständige Formation von Kunst Ost ab.
Faktum ist, daß man beim City-Management meinte, die Wissens- und Kulturarbeit besser zu verwalten, als wenn dieser Bereich autonom bliebe. Und Faktum ist ebenfalls, daß die primären Kräfte des Raumes um Gleisdorf den Weg in die Selbstverwaltung aufgaben, um einer komfortableren Version zu folgen; der Veraltung von oben.
Darin liegt der Hauptgrund, weshalb ich diese Notiz auch in die Sammlung „Rechtsruck“ einbeziehe, denn das Ereignis ist exemplarisch. Originellerweise vor dem Hintergrund der eingangs erwähnten Themenstellung, der einer Reflexion des Zeitraumes 1814-1914-2014.
Wofür die zahlen stehen? Der Wiener Kongress, der Große Krieg und wir. Da wäre auch heute, fast ein Jahrzehnt nach jenem April-Festival, so allerhand bedenkenswert. Egal! Auf Seite 13 dieses Booklets steht: „Ich bin in diesem April-Festival 2014, dem letzten seiner Art, nun selbst zum Gastkünstler geworden. Ursprünglich wollte ich mich bloß auf Organisation und Abwicklung konzentrieren, damit der Umbruch dieser Phase zur neuen Organisationsform Kulturpakt Gleisdorf angemessen verstärkt und deutlich gemacht wird.“
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