Es hat Vorteile, manchmal durch Graz zu streifen, denn da wird nach all den Jahrzehnten immer noch die G-Klasse erzeugt.
So kann man als verträumter Automobilpaparazzo Glück haben. Ich sah den gemusterten G-Wagon erst einmal in einiger Entfernung an mir vorbeiziehen. Keine Chance auf ein Foto. Wie bedauerlich!
Dann aber sah ich ihn wenig später; eigentlich bloß ein Stück davon, zwischen Passanten durchblitzen, und bog sofort vom geplanten Kurs ab. Voilà! Versuchsfahrzeug an der Leine. Der Wagen ist ja nicht zu übersehen.
Das Thema „Dazzle Camouflage“ hab ich übrigens in „Lackierte Kampfhunde“ (Jagdgeschwader in Bodennähe und ihre Dekors) behandelt. Das wurzelt in den Bemühungen während des Ersten Weltkriegs, die Konturen von Kriegsschiffen und Jagdflugzeugen zu verwischen.
Darum geht es auch bei derlei Versuchsfahrzeugen. Ein populärer Begriff dafür lautet „Erlkönig“; nach eine Ballade von Goethe: „Wer reitet so spät durch Nacht und Wind?“ Es heißt, das ginge auf die 1950er Jahre zurück, als der Publizist Heinz-Ulrich Wieselmann im Magazin „auto, motor und sport“ eine Kolumne einrichtete, in der er Versuchsfahrzeuge zeigte. („ Erlkönig“ war der Titel dieser Rubrik.)
Die Automobilhersteller schätzen das nicht, klar, aber als Jäger der verstreuten Schätze freut man sich über derlei Funde naturgemäß besonders. Es ist freilich keineswegs gesichert, daß man als Außenstehender nun weiß, was man da vor sich hat. Gut, die Hütte ist unverkennbar G-Klasse. Der Mercedes-Stern wurde abgeklebt.
Ich denke, es wird ja ein EQG sein. Aber das ist nicht garantiert. Es kann hier auch was ganz anderes in diesem Häusel stecken. Das haben mir die Altmeister aus dem Puchwerk einmal erzählt: „Bei einem Erlkönig kannst du nicht wissen, was genau das ist.“
Nebenbei bemerkt: Sensationell, wie dieses Teil beschleunigt, wenn der Fahrer in die Eisen steigt. Konnte ich später von der Bushaltestelle aus beobachten, als er beim Dorotheum um die Ecke pfiff wie der Wind.
Postskripterl: Das Lustige an der Sache ist, daß mir der Wagen ohne seine Dazzle Camouflage gar nicht aufgefallen wäre. Das bedeutet eigentlich: was ihn unkenntlicher machen soll, weist wie ein leuchtender Pfeil auf ihn hin.
PPS: Anmerkung von Norbert Gall, Head of Marketing bei „Lithoz“: „So macht man halt das Publikum scharf. Geheimnisse zu entdecken ist allemal spannender als die Dinge nachgetragen zu bekommen. Marketing wirkt.“
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